Obwohl seine Figuren mit jedem Film ein wenig älter werden, bleiben sie in gewisser Weise ganz die alten. Zum 90. Geburtstag am 31. Mai: ein Porträt des Schauspielers Clint Eastwood
Am Ende steht kein neuer Anfang. Earl Stone, fast neunzig Jahre alt, ist im Gefängnis. Dort kümmert er sich im Garten um die Blumen, wie er es auch in Freiheit mehr als ein halbes Leben lang gemacht hat. Vielleicht wäre er gar nicht verurteilt worden, hätte er auf mildernde Umstände plädieren können. Doch Earl wollte es so. Denn er hat sich schuldig gemacht, ist als Drogenkurier für mexikanische Dealer unterwegs gewesen, nachdem sein Haus zwangsversteigert hätte werden sollen. Aus einer Fahrt sind mehrere geworden und Earl zum gesuchten Verbrecher. Doch seine eigentliche Schuld ist eine andere: Auch wenn er sich von seiner geschiedenen Frau an ihrem Sterbebett noch verabschieden konnte, hat Earl jahrzehntelang seine Familie, vor allem seine Tochter, vernachlässigt. Sich um jene Menschen zu wenig gekümmert, die ihm nahestehen. In The Mule (2018) übernimmt Clint Eastwood wie so oft in seinen eigenen Filmen, vielleicht aber tatsächlich zum letzten Mal, auch die Hauptrolle. Und spielt mit Earl Stone eine Figur, die man ebenfalls seit Jahrzehnten in so vielen seiner Arbeiten gesehen hat. Jedes Mal ein bisschen älter und ein wenig anders, aber irgendwie auch immer dieselbe. Eine vielfältige und einfache Figur zugleich. Eine Figur jedenfalls, mit der er Kinogeschichte geschrieben hat.
Diese andere Geschichte beginnt mehr als ein halbes Jahrhundert früher in einem mexikanisches Dorf, in dem die Sonne vom wolkenlosen Himmel brennt. Der Fremde, der von irgendwoher gekommen ist, steht am Brunnen, trinkt Wasser aus einer Schöpfkelle und sieht unbeteiligt zu, wie ein kleiner Junge und sein Vater von Banditen geschlagen werden. Eine Frau schaut aus einem Fenster und schlägt dieses zu, als der Mann in ihre Richtung nickt und sich an einem Lächeln versucht. Es ist Eastwoods erster großer Leinwandauftritt in Sergio Leones Italowestern Per un pugno di dollari (Für eine Handvoll Dollar, 1964), und noch nach Jahrzehnten wirkt diese Szene wie in Stein gemeißelt. Denn lange bevor er als Regisseur seinen ersten Film drehen wird, ist Eastwood bereits als Schauspieler die Personifikation eines sehr bestimmten amerikanischen Helden. Eines Mannes, der lange so tut, als ob er nicht dazugehören würde, nicht mitspielen will, aber in Wahrheit sehr genau weiß, dass das Gegenteil passieren wird.
Im Kampf zwischen den verfeindeten Banditen, die das Dorf terrorisieren, findet sich der Fremde mit dem Allerweltsnamen Joe right in the middle wieder. Eastwoods zum Kinomythos gewordenes Spiel – unrasiert und mit Zigarillo-Stumpen im Mund – haftet etwas Tragisches und Komisches zugleich an; und tatsächlich bedingt das eine das andere. Später sollte ein US-Kritiker behaupten, Eastwood sei „der vielleicht beste Dead-pan-Komiker seit Buster Keaton“, und nicht nur deshalb, weil diese Figur aus einem Stummfilm von William S. Hart (genannt „The Good-Badman“) entstiegen sein könnte. Dass die komische Seite von Eastwood, die Ironie und der gegen sich selbst gerichtete Spott, in all den langen Jahren seiner Karriere wenig beachtet wird, liegt in der Natur der Sache.
So wenig man weiß, woher die typische Eastwood-Figur kommt, so wenig erfährt man über sie. Ihre fehlende Zugehörigkeit und scheinbare Unparteilichkeit ist, auch und vor allem in Eastwoods späteren eigenen Regiearbeiten, buchstäblich eine Frage des Standorts. Eine Figur, die nicht mehr in den Ring gehört (Million Dollar Baby, 2004), nicht ins Cockpit (Firefox, 1982), nicht in eine steile Felswand (The Eiger Sanction, 1975) und schon gar nicht in den Weltraum (Space Cowboys, 2000). Aber auch nicht, wie in einem der besten Auftritte Eastwoods der letzten Jahre, in eine Detroiter Vorstadtsiedlung voller asiatischer Einwanderer (Gran Torino, 2008). Eastwoods Figuren haben sich irgendwann selbst zum Relikt gemacht hat, und ihre Erkenntnis besteht darin, eben das zu bemerken.
Eastwoods Karriere als Schauspieler ist mehr als nur die Basis, auf der eine zweite als Regisseur und Produzent aufgebaut werden konnte. Sie führte, wie es zu Beginn der 1960er Jahre anders nicht sein konnte, übers Fernsehen, zunächst für nicht viel mehr als eine Handvoll Dollar. Eastwood gehört noch zu jener Generation von Schauspielern, an deren Karriereanfang nicht die methodische Schauspielarbeit in New York steht, sondern die sich noch als Holzfäller und Stahlarbeiter – das ist natürlich längst selbst Teil der Eastwood-Legende – buchstäblich die Finger schmutzig machten und deshalb auch in der Traumfabrik ihren Job als Handwerk ansahen. Man wird in Eastwood-Filmen immer wieder fast nebenbei an diese physische Qualitätsarbeit erinnert: Noch in Absolute Power (1997), in dem er einen alternden Meisterdieb spielt, bemerkt eine Museumsbesucherin, die Eastwood beim Zeichnen vor einem Gemälde über die Schulter blickt, dass er wohl mit seinen Händen arbeite.
Ein befreundeter Kameramann bringt ihn schließlich zu Universal Studios. Es passt jedenfalls gut in das spätere Bild von Eastwood, sich ihn in den frühen Tagen als einen Typen vorzustellen, der ohne viel Aufheben die kleinsten lausigen Rollen wie in Jack Arnolds Tarantula (1955) übernimmt, mehr wissend als hoffend, dass das Glück einen schon ereilt, wenn man konsequent selbst daran arbeitet. Von 1959 bis 1965 spielt er in der CBS-Westernserie Rawhide (Tausend Meilen Staub), und die harte Schule des Fernsehens lässt ihn vor allem lernen, ökonomisch zu arbeiten. Nicht nur als späterer Regisseur und Produzent, sondern auch als Schauspieler.
Während einer Drehpause fliegt Eastwood für eine Gage von 15.000 Dollar nach Europa, um seine erste große Filmrolle in einem kleinen italienischen Western zu übernehmen. Später erzählt er, dass er seit dem Augenblick, als er Kurosawas Yojimbo (1961) in einem Kino an der Western Avenue in L.A. sah, von der Idee angetan war, selbst daraus einen Western zu machen („This would be a great Western if only someone had nerve enough to do it“). Und dass er, wenige Jahre später, tasächlich nach fünf oder zehn Seiten in Leones Script die Vorlage Kurosawas wiedererkannt habe.
Leones Paella-Trilogie macht ihn jedenfalls zum Star: Auf den Erfolg von Per un pugno di dollari folgt Per qualche dollari in più (Für ein paar Dollar mehr, 1965), und Il buono, il brutto, il cattivo (Zwei glorreiche Halunken, 1966) komplettiert das populärste Western-Triptychon der Filmgeschichte. Die damit einhergehende Imagebildung des „Fremden ohne Namen“ ist jedoch keineswegs von den klassischen Hollywood-Vorbildern losgelöst: So wie Leone seine US-Vorgänger studiert hat, so weiß auch Eastwood – aufgewachsen mit den B-Pictures der 1940er-Jahre – um die seinigen Bescheid. Die hoch aufgeschossene Statur macht nie eine Bewegung zuviel, das eckige Gesicht lässt nur soviel Mienenspiel erkennen, wie unbedingt notwendig ist. Doch ausgerechnet diese Starrheit, die einer Maske gleichkommt, macht die Verletzbarkeit umso drastischer – und lässt die Zerstörung umso schlimmer ausfallen: Der Körper wird zerschlagen, Knochen brechen, die Hand mit dem Stiefelschaft zertreten. Und während Eli Wallach in Il buono, il brutto, il cattivo unter seinem kleinen Sonnenschirm für Damen durch die Dünen reitet, lässt die Wüstensonne Eastwoods Gesicht zu einem einzigen Stück verbrannter Haut werden. Diese Leidensmetaphorik wird später, in den eigenen Filmen, zum wiederkehrenden Motiv werden.
Doch obwohl der stoppelbärtige Fremde für Generationen an Kinogängern zur Ikone wird, spielt Eastwood das Prinzip der endlosen Serialisierung, das der Italowestern perfektioniert, nicht lange mit; der Amerikaner verlässt – aus heutiger Sicht wenig überraschend – den europäischen Boden wieder relativ rasch. Zuhause wird er die Leinwandfigur, die ihn berühmt machte, nicht nur weiter entwickeln, sondern sie gleichzeitig zu einem mitunter gespenstischen Wesen überhöhen.
Bereits für seinen ersten Film nach seiner Rückkehr in die USA gründet er Malpaso, jene Produktionsfirma, die er fortan wie ein kleines mittelständisches Unternehmen führt. Malpaso wird sich in Folge als unbedingt notwendig für eigene Projekte erweisen, für deren Durchsetzung Eastwood Ende der 1960er Jahre in Brian G. Huttons weniger ambitionierten Kriegsfilmen Where Eagles Dare (Agenten sterben einsam, 1968) und Kelly’s Heroes (Stoßtrupp Gold, 1970) spielt, die es ihm allerdings ermöglichen, die finanzielle Basis für Filme seiner Wahl und vor allem seine erste Regiearbeit Play Misty for Me (Sadistico, 1971) zu sichern. Für seinen ersten US-Western Hang ’Em High (Hängt ihn höher, 1968) engagiert er Ted Post, einen Fernsehregisseur, mit dem er schon für Rawhide zusammenarbeitete und der später noch einmal in Magnum Force (Dirty Harry 2 – Calahan, 1973) Regie führen wird: Kontinuität und Verlässlichkeit im Filmgeschäft sind für Eastwoods Selbstverständnis zwei ganz große Worte.
Hang ’Em High führt nicht nur zahlreiche Motive der Paella-Trilogie fort, sondern festigt auch ein zentrales Bild, das viele Figuren Eastwoods für die nächsten Jahrzehnte bestimmen wird: jenes des verletzten, mit sichtbaren und unsichtbaren Wunden versehenen Helden, der sich über seinen Schmerz neu definiert. Zunächst genügt, plakativ und symbolisch zugleich, die Narbe um den Hals, die der Lynchstrick hinterlassen hat. Dass diese Figur, zumal in den Westernfilmen, in ihrer versehrten Männlichkeit oft von einer Frau gesund gepflegt wird – wie etwa noch im Spätwestern Unforgiven (Erbarmungslos, 1992) –, ist zwar traditionelles Genremotiv, kann sich aber eben deshalb auch in sein Gegenbild verkehren: In Don Siegels weitgehend unterschätztem The Beguiled (Betrogen, 1971) wird ausgerechnet Eastwood – und das ist natürlich purer Sarkasmus – von Frauenhänden zu Tode gepflegt. Als verwundeter Yankee-Soldat wird er im Bürgerkrieg von Bewohnerinnen eines Mädchenpensionats in Obhut genommen, bis die amourösen Begehrlichkeiten und Fantasien zu einem fatalen Ende führen. Ähnlich Marlon Brando in The Men (1950) oder James Caan in Misery (1990) liefert Eastwood, zunächst ans Krankenbett gefesselt und später nach einer Amputation (!) durch den Film humpelnd, eine seiner eindrücklichsten Darbietungen. Nicht zufällig werden es im Spätwerk immer deutlicher die inneren Verletzungen sein, deren Narben man nicht sehen kann – oder zumindest nicht auf den ersten Blick erkennen. In Blood Work (2002, Brian Helgeland) ist es gar ein neues Herz, das der alte FBI-Profiler eingesetzt bekommt.
Das populärere, aus der Zusammenarbeit mit Siegel resultierende Projekt für den Schauspieler Eastwood, das auch seine Leinwand-Persona nachhaltig prägen wird, ist jedoch der Großstadtwestern Coogan’s Bluff (Coogans großer Bluff, 1968). Siegel verstärkt die in der Heldenfigur angelegten reaktionären Facetten und lässt sie deutlich zutage treten. Der Deputy Sheriff Coogan, der einen Gefangenen von New York nach Arizona überführen soll, wird ausschließlich über sein Äußeres, seine Cowboystiefel und seinen Stetson, identifiziert. Mit der unbeirrbaren und sturköpfigen Figur des Einzelgängers Coogan – eine Art Vorstudie des „Dirty Harry“ Callahan – verlagert Eastwood das Motiv der Kopfgeldjägers und Selbstjustiz auf das urbane Terrain der Gegenwart. „You’re so enigmatic. There has to be something more to you besides – love, compassion, humanity“, meint am Ende des Films Susan Clark mit Blick über die Stadt zu dem Mann aus dem Westen. Und wenn Coogan erklärt, dass die Farbe des Mitgefühls Rot sei, das sich langsam auf dem Boden verteilt, trägt ihm ein Windstoß den Cowboyhut davon.
Um die Unentschiedenheit der Figuren Eastwoods im Spätwerk zu finden, genügt es, die „positiven“ und „negativen“ Seiten ihrer Vorgänger zu kennen: Das Positive, die helle Seite Amerikas, findet sich dort, wo die Hilfe für die Entrechteten den Egoismus besiegt, wie in Siegels Two Mules for Sister Sara (Ein Fressen für die Geier, 1970), oder in John Sturges’ Joe Kidd (Sinola, 1972). Die dunkle Seite findet sich dort, wo die Pioniergesellschaft vom Geist der verbrannten Erde eingeholt wird, wie in High Plains Drifter (Ein Fremder ohne Namen, 1973). Die Figur des Fremden pendelt dabei stets zwischen ihren komischen und tragischen Facetten und wird dementsprechend unterschiedlich ausgelotet: In Joshua Logans Westernmusical Paint Your Wagon (Westwärts zieht der Wind, 1969) spielt Eastwood an der Seite von Lee Marvin gegen das eigene Klischee an (und beweist, dass er auch singen kann), und in Two Mules for Sister Sara, in dem er sich mit Shirley MacLaine als Nonne herumschlagen muss, werden die vertrauten Accessoires sogar einer neuen Funktionalität unterzogen: Der Zigarillo wird dazu verwendet, einen Pfeil aus der Brust heraus zu brennen, während das Anzünden von Dynamitstangen per Glimmstängel längst zur charakteristischen Handbewegung geworden ist.
Bevor Eastwood mit den eigenen Regiearbeiten High Plains Drifter, The Outlaw Josey Wales (Der Texaner, 1975) und Pale Rider (1985) diese Figur immer mehr zum Geisterreiter werden lässt, erreicht sie jedoch in ihrer pervertierten Form die amerikanischen Städte. Konnte Coogan‘s Bluff noch als Fingerübung betrachtet werden, so erfährt der wortkarge und gewalttätige Polizist in Siegels Dirty Harry (1971) seine definitive Prägung. Die Rolle des Harry Callahan – ursprünglich für Frank Sinatra geschrieben –, der in den Großstadtschluchten San Franciscos und auf den Dächern der Stadt Jagd auf einen Killer namens Scorpio macht, wird für mehr als ein Jahrzehnt und in insgesamt vier Fortsetzungen unter wechselnder Regie durch Eastwood zur Ikone.
Dabei ist Dirty Harry vermutlich einer der am stärksten einseitig verstandenen Filme der frühen 1970er Jahre. Der zynische Cop, der sich keiner Seite zugehörig fühlt, findet sich in einem korrupten System wieder, dem er dient und das er gleichzeitig hasst. Siegels Diskurs über Recht und Gerechtigkeit, Obsession und Verfolgungswahn, staatliche Gewalt und persönliche Rache trägt natürlich die Gefahr in sich, dass das, was die Figuren – und allen voraus natürlich Callahan selbst – sagen, mit dem verwechselt wird, was der Film sagt. Doch Siegel und Eastwood wissen sehr genau um diese Gefahr Bescheid und zeigen hinter dem reaktionären Gestus die im Grunde tragische Existenz dieser Figur, die so genannt wird, weil sie stets die Dreckarbeit machen muss. Wie die Helden im Westernfilm jener Tage die letzte Grenze längst erreicht haben, so ist auch ihr Nachfahre Harry Callahan – dieser die moderne Gesellschaft und sich selbst hassende Großstadtpolizist – das Symbol einer Ordnung, die persönliche Freiheit verspricht und sie gleichzeitig mit rigiden Gesetzen beschränkt. Er ist die dunkle Seite des zwischen den Fronten stehenden Pioniers.
Die Zusammenarbeit zwischen Don Siegel und Clint Eastwood findet nach der engen Phase in den frühen 1970er Jahren erst mit dem Gefängnisdrama Escape From Alcatraz (Flucht von Alcatraz, 1979) ihre Fortsetzung. Tatsächlich hat das weniger mit einer künstlerischen Entfremdung zu tun oder mit dem dem, was die Europäer Autorenkino nennen, als mit der von Eastwood verfolgten Idee einer pragmatischen Personalunion von Regie und Schauspiel: Seine eigenen Filme zu inszenieren ist für Eastwood zu dieser Zeit keine Frage von Narzissmus, sondern von berechnender Einfachheit und Ökonomie. Und so erstaunt es kaum, dass nach durchaus bemerkenswerten Arbeiten wie in Michael Ciminos Actionkomödie Thunderbolt and Lightfoot (Die Letzten beißen die Hunde, 1974) die Auftritte unter fremden Regisseuren zunehmend seltener werden.
In Wolfgang Petersens In the Line of Fire (1993) geschieht dies schließlich für die nächsten zwanzig Jahre zum letzten Mal: In einer bezeichnenden Szene muss Eastwood als alternder Leibwächter des US-Präsidenten fast ohnmächtig neben der uneinsichtigen, alle Blicke reflektierenden Präsidentenlimousine herlaufen, das Schritttempo des Wagens kaum haltend. Doch er kann nicht umhin, seine Mission mit jener Starrheit zu verfolgen, die allen Figuren Eastwoods anhaftet. Dass es gerade dieses Bild ist, das sich derart im Gedächtnis eingebrannt hat, liegt eben daran: Es sind Figuren, die an gesellschaftlichen und sozialen Grenzen entlang gleiten, anstoßen oder zurückprallen.
In seinen letzten Filmen, in denen er auch selbst als alter, weißer Mann auf der Leinwand zu sehen ist, ist Eastwood in die Zielgerade eingebogen. Gran Torino, angeblich als letzter Vorhang für den Schauspieler Eastwood gedacht, macht noch einmal deutlich, wie sehr hinter der mit Schweigen verbundenen Einsamkeit und dem Machismo von Eastwoods Figur etwas anderes verborgen liegt: dass der Täter zugleich Opfer jenes Systems ist, das er zu verteidigen scheint. Diese Figuren wie der ehemalige Fabrikarbeiter Walt Kowalski in Gran Torino, der halbblinde Baseball-Veteran Gus Lobel in Trouble with the Curve (Back in the Game, 2012, Robert Lorenz), oder das Maultier Earl Stone in The Mule sind gezeichnet von einem paradoxen Humanismus: Ihre Weisheit liegt darin zu wissen, dass das Eingeständnis von Schuld mit Selbsterkenntnis zusammenfallen muss. Und dass es für die wesentlichen Dinge im Leben zu spät geworden ist. Das zu wissen, muss für die letzten Meter genügen.
Archiv | 12 + 01/2006
Play Eastwood for me
Während seine Arbeit als Schauspieler und Regisseur hinlänglich bekannt ist, gibt es eine andere Facette des Allrounders Clint Eastwood noch zu entdecken: die des beachtenswerten Filmmusikers.
Helden aus der zweiten Reihe
Clint Eastwoods „Flags of Our Fathers“ ist nicht nur die Rekonstruktion der Schlacht um Iwo Jima und der Ereignisse rund um das berühmteste Foto des Zweiten Weltkriegs, sondern auch eine beeindruckende Darstellung seiner Auswirkungen: auf die amerikanische Nation und den zweiten Kampf der Helden in der Heimat.
Archiv |02/2007
Paths of Glory
Mit „Flags of Our Fathers“ hat Clint Eastwood nur ein erstes Kapitel einer außergewöhnlichen Erzählung über die Schlacht von Iwo Jima aufgeschlagen. Mit „Letters from Iwo Jima“, der das Geschehen aus japanischer Perspektive schildert, wird dieses Bild nun komplettiert: Zwei Ausnahmefilme vereinigen sich zu einem einzigartigen Diptychon.