Horror der extravaganten Art
Gleich zu Beginn, als die beiden Protagonisten nebeneinander an Deck jenes Schiffs stehen, das sich – unterlegt von Mark Kovens Score, der in seiner dramatischen Wucht an die legendären Kompositionen von Bernard Herrmann erinnert – durch die stürmische See pflügt, um Ephraim Winslow und Thomas Wake (Robert Pattinson und Willem Dafoe spielen mit sichtbarer Lust an physischer Präsenz) an ihren Bestimmungsort zu bringen, zeichnet sich schon deutlich ab, dass auf die beiden nichts Gutes zukommt. Tatsächlich warten auf die so unterschiedlichen Männer vier einsame Wochen auf einer kleinen Insel irgendwo vor Neu England, wo sie – gegen Ende des 19. Jahrhunderts eine höchst wichtige und verantwortungsvolle Aufgabe – für den Betrieb des dortigen Leuchtturms zu sorgen haben.
Und als würde die Isolation den Dienst an diesem unwirtlichen Ort nicht schon schwierig genug machen, verschärft das Verhalten Wakes die Lage noch zusätzlich. Denn der erfahrene Leuchtturmwächter behandelt seinen neuen Assistenten Winslow, einen früheren Holzfäller, nach dem Prinzip von Herr und Knecht, zudem weist Wake noch etliche höchst degoutante Verhaltensweisen auf, die seinen jungen Gehilfen zur Weißglut treiben. Nur die abendlichen Besäufnisse bringen ein wenig Entspannung, doch mit der Zeit spitzt sich die Lage immer mehr zu.
Mit seinem Debütfilm The Witch hat Robert Eggers dem Horrorgenre ein inhaltlich und stilistisch höchst bemerkenswertes Kapitel hinzugefügt. Die Geschichte um eine Familie von Puritanern im Neu England des 17. Jahrhunderts machte auf verstörende Weise deutlich, wie Isolation – hier sowohl räumlich als auch geistig – in den Irrsinn schlimmster Art zu führen vermag. Auch The Lighthouse erweist sich als höchst eigenwillige Inszenierung, die – in Schwarzweiß und im 1.19:1-Bildformat gedreht, dessen anachronistisches Verhältnis an frühe Zeiten der Filmgeschichte erinnert – allein auf der formalen Ebene extravagant erscheint. Mit streckenweise archaischer Wucht entwickelt Eggers eine Mischung aus Schauergeschichte und Psychothriller, in dem die beiden Protagonisten sich in einem Geflecht aus Machtkämpfen, inneren Dämonen und jener klaustrophobischen Atmosphäre, die durch die Abgeschiedenheit des Schauplatzes entsteht, zusehends verfangen und Richtung Wahnsinn abdriften. Wobei sich die Inszenierung immer mehr in einem Wirrwarr von Wahn, Wirklichkeit und Berauschung verheddert und einen Hang zum Prätentiösen nicht mehr verheimlichen kann. Eggers erzeugt dabei einen wohltemperierten Ekelfaktor zwischen Splatter und Arthouse, doch die irritierende Bedrohlichkeit, die er in The Witch so kongenial zu generieren verstand, mag sich im Fall von The Lighthouse nicht so recht einstellen.
Interview
Mir ist jede Interpretation recht
Robert Eggers über seinen Film „The Lighthouse“, über die Arbeit mit den Stars Willem Dafoe und Robert Pattinson und über seine Abneigung gegen Möwen.