ray Filmmagazin » Filmkritiken » Dream Scenario
Dream Scenario

Filmstart

Dream Scenario

| Alexandra Seitz |
Eine Traumrolle für Nic Cage

 

Er ist der Mann ihrer Träume. Zumindest eine kurze Weile lang. Dann schlägt das Pendel in die Gegenrichtung, sein Leben wird zum Albtraum und er selbst zur Persona non grata, heimatlos und einsam. Erst berühmt, dann berüchtigt. Dabei hatte es so verheißungsvoll begonnen.

Paul Matthews, liebender Familienvater und Lehrer an einer unbedeutenden High School, träumt immer noch davon, eines Tages jenes bahnbrechende Werk zur Evolutionsbiologie zu schreiben, das er eigentlich bereits fertig im Kopf hat. Das Gefühl, global gesehen ein eher kleines Licht und zudem eine eher langweilige Persönlichkeit zu sein, macht ihm zu schaffen und er hofft, solcherart endlich doch noch wenigstens als Wissenschaftler zu brillieren. Dann aber heischt ein seltsames Phänomen all seine Aufmerksamkeit; mit einem Male nämlich erscheint seine Gestalt in den Träumen zahlreicher Zeitgenossen. Und obzwar er darin lediglich als passiver Beobachter eines meist schrecklichen Geschehens in Erscheinung tritt, ist Paul Matthews geschmeichelt und genießt den rasch folgenden, kometenhaften Aufstieg zur Internet-Berühmtheit; nicht ahnend, dass der Fall nur umso tiefer sein wird.

Schon in seiner bösen Satire Sick of Myself (2022) hatte der Norweger Kristoffer Borgli die Auswüchse des Celebrity-Unwesens und die Überhitzungen der sogenannten sozialen Medien ebenso erfolgreich wie bestürzend aufs Korn genommen. In Dream Scenario mixt er nun noch die Abstrusitäten der seit einigen Jahren ihr Unwesen treibenden „Cancel Culture“ in den toxischen Cocktail. Und mit Nicolas Cage in der Hauptrolle hat er einen Partner-in-crime, der sich nicht lumpen lässt. Hat Cage jüngst in Renfield als Graf Dracula chargiert, dass sich die Balken bogen, so ziseliert er hier ein Charakterporträt, das sich gleichberechtigt neben Karriere-Highlights wie Adaptation (Spike Jonze, 2002) und The Unbearable Weight of Massive Talent (Tom Gormican, 2022) gesellt. Das Ergebnis ist nicht nur ein angemessen durchgeknallter Beitrag zum allseits beliebten Mindfuck-Genre, sondern auch ein Charakterdrama im Gewand einer Sozial-Horror-Satire. Die wiederum nicht nur nebenher konsumistische Ersatzbefriedigung ins Visier nimmt, wenn sie zeigt, dass die Erforschung der unerklärlichen Traum-Epidemie schließlich nicht mehr an wissenschaftlicher Erkenntnis zeitigt, als zur Einführung einer innovativen Werbemethode für abgrundhässliche Turnschuhe nötig ist.