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Ein Glücksfall / Coup de chance

Filmstart

Ein Glücksfall

| Oliver Stangl |
Versuch’s mal auf Französisch

 

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Woody Allen hat zwar schon zuvor in Frankreich gedreht (Everyone Says I Love You, 1996; Midnight in Paris, 2011; Magic in the Moonlight, 2014), doch Ein Glücksfall / Coup de chance ist tatsächlich der erste Film, den er komplett in französischer Sprache mit ausschließlich französischer Besetzung realisiert hat. Fühlt sich der 50. Film des New Yorker Intellektuellen deshalb anders oder neu an? Ein bisschen ja, ein bisschen nein – denn natürlich kommen in Sachen Personal wie gewohnt Vertreter der Oberklasse und des Künstlertums vor (was einen bei Auteurs aber natürlich nicht wundern sollte, die haben nun mal ihre Themen). Tonal knüpft Allen allerdings nicht an seine Komödien an, sondern an die längst nicht mehr so seltenen ernsteren Werke – etwa Match Point (2005) oder Blue Jasmine (2013). Gänzlich wird aber nicht auf Humor verzichtet.

Im Zentrum von Coup de chance steht die Ehe von Fanny (Lou de Laâge) und Jean (Melvil Poupaud), die nach außen hin den Idealtypus des ebenso glücklichen wie erfolgreichen Paares (samt Pariser Luxuswohnung) verkörpern. Die Fassade bekommt Risse, als Fanny zufällig auf ihren alten Schulkollegen Alain (Niels Schneider) trifft. Der Schriftsteller gesteht ihr seine Liebe und die beiden beginnen flugs eine Affäre – was auch dazu führt, dass Fanny Materielles im Allgemeinen sowie Finanzgeschäfte und Besitzansprüche ihres eifersüchtigen Mannes im Besonderen zunehmend kritisch sieht. Als dies bei Jean (Beruf: Reiche noch reicher zu machen) Verdacht erregt, engagiert er Privatdetektive, die die Affäre aufdecken. Was folgt, sind zunehmend kriminelle Ereignisse, bei denen auch der Tod nicht weit ist. Währenddessen geht Jeans Schwiegermutter (Valérie Lemercier) als Amateurspürnase der Frage nach, ob Jean eine dunkle Vergangenheit hat ì Mehr von der Story sei aus Spoiler-Gründen verschwiegen.

Es mag nicht alles plausibel sein, doch die Handlung – von Kameralegende Vittorio Storaro in herbstliche Bilder getaucht – ist kurzweilig und das Ensemble gut. Stärker als die Krimihandlung überzeugen aber die Betrachtungen zu Themen wie Beziehungen, Glück, Fatalismus (light) – und zur Ironie des Schicksals. Apropos Ironie: Ohne diese wäre die Schlusspointe wahrlich überdeutlich, doch so macht Allen sich einen Spaß daraus. Cinephile werden zudem Spurenelemente aus französischen Klassikern entdecken – angesichts einiger Jagdszenen kommt man auch gar nicht umhin, etwa an Renoirs La règle du jeu (1939) zu denken. Allen-Fans bekommen somit Bewährtes mit einem leichten Twist, der sich großteils dem Setting verdankt.