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Belonging
Belonging

Filmfestival

Geöffnete Grenzen

| Jakob Dibold |
Vorschau auf die diesjährige Ausgabe des Nippon Connection Festivals mit dem Schwerpunkt „Crossing Borders“

 

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Vom 28. Mai bis 2. Juni zeigt Nippon Connection rund 100 kurze und lange japanische Filme in Frankfurt am Main. Das weltweit größte Festival für japanischen Film präsentiert aktuelle Werke von Dokumentar-, Independent-, Animationsfilm bis hin zu Blockbuster, begleitet von umfangreichem Rahmenprogramm, das in die Fülle der japanischen Kultur eintauchen lässt. Unter den über 60 Film- und Kunstschaffenden aus Japan, die 2024 bei Nippon Connection in Frankfurt zu Gast sein werden, ist die Schauspielerin Furukawa Kotone (international bekannt durch Wheel of Fortune and Fantasy von Hamaguchi Ryusuke; 2021) die Ehrengästin, sie wird mit dem Nippon Rising Star Award ausgezeichnet. Im Filmprogramm herrscht zusätzlich zur Genre-Vielfalt eine Balance zwischen etablierten Filmschaffenden und neuen Talenten.

In der Sektion Nippon Visions, die Regiearbeiten von eher jüngeren Filmschaffenden und experimentelleren filmischen Zugängen gewidmet ist, finden sich einerseits Debütlangfilme wie die bereits mehrfach ausgezeichnete Ode an die Entschleunigung PushPause von Kosasa Ryoma, angesiedelt im Tokio während der von der Coronoa-Pandemie geprägten Olympischen Sommerspiele 2021, oder Qualia von Ushimaru Ryo, der eine Hühnerfarm als Schauplatz für die Aufweichung allzu festgefahrener Familienrollenbilder nutzt. Berührendes und Absurdes vereint hingegen der Episodenfilm Belonging, Regisseurin Higashi Kahori lässt in ihrem zweiten Langfilm Verstorbene als Lieblingsgegenstände von Hinterbliebenen zurückkehren.

Neue Werke von renommierten Regisseuren prägen die Sektion Nippon Cinema, so zählen zu deren Highlights der vielschichtige Samurai-Film Kubi, in dem Kitano Takeshi mit so manchem Krieger-Mythos aufräumt oder Let’s Go Karaoke!, eine Komödie von Yamashita Nobuhiro, die die Freundschaft zwischen einem Yakuza-Mitglied und einem Chorsänger im Teenageralter erzählt. Der zeitgenössische japanische Genrefilm ist hier stark vertreten, etwa auch in Gestalt von Penalty Loop – Araki Shinji kombiniert raffiniert die Genres Rachethriller und Zeitschleifefilm – oder The Ying Yang Master Zero: Sato Shimako setzt in ihrem actiongeladenen Abenteuer auf zauberhaft-spektakuläre Bilder. Das Thema Zeitreise spielt auch in The Tunnel To Summer, The Exit Of Goodbyes von Taguchi Tomohisa eine Hauptrolle, ein Highlight der Animationsfilmssektion; ein Genre-Highlight dort ist das Science-Fiction-Epos PHOENIX: Reminiscence of Flower (R: Nishimi Shojiro).

Unter dem Motto „Crossing Borders“ beschäftigt sich Nippon Connection mit Relationen des Filmlands Japan mit anderen Produktionsländern, im Bereich des Dokumentarfilms sind zum Beispiel AUM: The Cult At The End Of The World (USA; R: Ben Braun & Chiaki Yanagimoto), der sich mit der Endzeitsekte Aum Shinrikyo und deren Giftgas-Anschlag auf die Tokioter U-Bahn im Jahr 1995 beschäftigt, oder die BBC-Doku Predator: The Secret Scandal Of J-Pop von Megumi Inman und Mobeen Azhar zu nennen. Aber auch eine der ersten deutsch-japanische Koproduktionen überhaupt wird zu sehen sein, Arnold Fancks Spielfilm Die Tochter des Samurai (1937). Ebenfalls wiederentdeckt kann die Literaturverfilmung Die Tänzerin aus dem Jahr 1988 werden, von Regisseur Shinoda Masahiro im noch geteilten Berlin gedreht.

Die diesjährige Retrospektive ist ebenfalls von Grenzübertritten gekennzeichnet, sie präsentiert sieben Klassiker des japanischen Film Noir, „der von amerikanischen Kriminalfilmen und vom deutschen Filmexpressionismus beeinflusst wurde“, darunter finden sich Dragnet Girl (1933) von Ozu Yasujiro, (gezeigt mit Live-Klavierbegleitung von Günter A. Buchwald), und The Bad Sleep Well (1960) von Kurosawa Akira.

Begleitet wird all dies von umfangreichem Rahmenprogramm, das in die Fülle der japanischen Kultur eintauchen lässt. Zusätzlich zu zahlreichen Workshops, Konzerten und Vorträgen lässt sich der Festivalausnahmezustand außerhalb der Kinosäle kurzweilig auf einem großen japanischen Markt mit Kulinarik und Kunsthandwerk am Gelände der Festivalzentren Künstler*innenhaus Mousonturm und Produktionshaus NAXOS verbringen.