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ROBERT DE NIRO

Held ohne Heldentum

| Jörg Becker |
Robert De Niro verkörpert immer noch das gute Hollywood, ein treuer Begleiter durch Jahrzehnte des amerikanischen Kinos, ein Kämpfer für die demokratischen Vereinigten Staaten, temperamentvoll, jovial, mit Vorsicht zu genießen – ein Weltmeister der Schauspielkunst wird 80.

Wenn er dagegen auch im Film demjenigen ähnlich bleibt, der er ist, also einen Italoamerikaner spielt mit bedrohlichem Grinsen, Stimmungsumbrüchen binnen Sekunden, Freundlichkeit, die nahtlos in Drohung übergeht, cholerischen Anfällen, mühsam verhinderten Aggressionsdurchbrüchen, scheint er eigentlich alles sein zu können, vom Auftragskiller bis zum Polizisten, von der Nervensäge bis zum Boxchampion.

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Das Chamäleon

Kommt einem der Begriff des legendären Method Acting in den Sinn, dem Bestreben nach möglichst vollkommener Anverwandlung der Rolle, assoziiert man umgehend Robert De Niro. Das Chamäleonhafte, seine Wandelbarkeit ist zur Marke geworden, das Unberechenbare seines Spiels zum integralen Production Value jedes Projekts, an dem er mitwirkt. De Niros Neuerfindungen seiner selbst mit jeder Rolle löschen seine früheren Selbstentwürfe nicht aus, jeder neue De Niro-Film lässt die früheren als Erinnerung, als Darstellungsoption durch jede Maskerade hindurchscheinen – den durchgeknallten Johnny Boy aus Mean Streets (Martin Scorsese, 1973), den Teufel aus Angel Heart (Alan Parker, 1987), den gemarterten Vietnam-Veteran aus The Deer Hunter (Michael Cimino, 1978), den affektgeladenen Mafia-Gangster aus GoodFellas (Scorsese, 1990), den schüchternen Analphabeten aus Stanley & Iris (Martin Ritt, 1990), den kriminellen Perfektionisten aus Heat (Michael Mann, 1995) oder das traurige Monster aus Mary Shelley’s Frankenstein (Kenneth Branagh, 1994). Fast selbstverständlich, eine Binsenweisheit: In jede Rolle scheint die Schauspielerpersönlichkeit all die anderen mitzunehmen, die sie schon gespielt hat, eine vorherige, absolvierte Darstellung ist immer schon eingetragen in die jüngste Verkörperung, und wenn das Publikum auch nur einen Teil des Werks im Gedächtnis hat, ist das Spektrum der Spieloptionen am größten. Einen Touch von Travis Bickle, Figur des Taxi Driver (M. Scorsese, 1976) – ein Loner, unberechenbar, ein gefährlicher Selbstertüchtiger auf persönlichem Feldzug –, meinte man eine Zeitlang in allen seinen Darstellungen wiederzufinden.

Der ängstliche Löwe

Geboren wird De Niro am 17. August 1943 in New York City. Sein Vater, Robert De Niro senior (1922–1993), ist ein in New York und Massachusetts ausgebildeter Maler des Abstrakten Expressionismus, seine Mutter, die Malerin und Dichterin Virginia Admiral (1915–2000), gehört zu den wenigen Frauen, deren Bilder das Museum of Modern Art in den fünfziger Jahren erwirbt. In der Zeitschrift der Dichterin und Malerin „Experimental Review“ publizieren Henry Miller und Anaïs Nin, als sie noch niemand kennt. Nach der Scheidung zieht die Mutter mit Robert in die Bleecker Street und tut sich mit dem renommierten Filmkritiker und Maler Manny Farber zusammen.

In seiner Kindheit ist De Niro blass und eher schüchtern. Mit zehn Jahren soll er bereits gewusst haben, dass er Schauspieler werden will und steht erstmals auf der Bühne, als ängstlicher Löwe in einer Schulaufführung des Märchens „Der Zauberer von Oz“. Gut zwanzig Jahre später erhält er seinen ersten von insgesamt zwei Oscars für seine Rolle als Mafioso Vito Corleone im Film The Godfather Part II (Francis Ford Coppola, 1974), für die er monatelang auf Sizilien dortige Dialekte studierte. Für Der Pate, erster Teil, hatte er zwei Jahre zuvor vergeblich vorgesprochen.

Die Schauspielerin Shelley Winters war eine frühe Förderin De Niros, sie erkannte in ihm, wenn auch etwas introvertierter, eine Ähnlichkeit mit dem jungen Marlon Brando der vierziger Jahre und schlug ihren neuen Protégé dem Regisseur und Produzenten Roger Corman für Bloody Mama (1970) vor, als einen der Söhne der Verbrecherinnenlegende Ma Baker; im selben Jahr erhielt De Niro eine Hauptrolle als Vietnam-Veteran in Brian De Palmas Hi, Mom! Insgesamt spielt De Niro in über 100 Filmen mit, in den deutschen Fassungen immer synchronisiert von Christian Brückner, darunter Blockbuster wie Once Upon a Time in America (Sergio Leone, 1984), Brazil (Terry Gilliam, 1985) und GoodFellas, bei zahllosen Filmen ist er Produzent, als Regisseur tritt er bei A Bronx Tale (1993) und The Good Shepherd (2006) in Erscheinung.

Das Bild des Italieners

Der Typus des Italieners auf der Leinwand ist im US-Film stark mit dem Italoamerikaner De Niro assoziiert, aus dessen Mund Sätze wie „Somebody messes with me, I’m gonna mess with him“ die gewaltigsten Mafioso-Drohgebärden im Hollywoodkino hinterließen, so zu hören in The Untouchables (Brian De Palma, 1987), als er den Italoamerikaner Al Capone in grandioser Anverwandlung, fettleibig und kahl, von atemberaubender fleischgewordener Vulgarität verkörperte. Immer wieder zeigt De Niro, was es heißt, als Italiener in New York, überhaupt in den USA zu leben, sämtliche Stadien der italienischen Einwanderungswellen in die Neue Welt werden in seinen Filmen ablesbar. In Idiom und Stimme kann er seine eigene Herkunft von der Straße aktivieren, ein „street kid“, das es zu etwas gebracht hat.

Die Großeltern von De Niro, der selbst durch und durch New Yorker ist, hatten in Ferrazzano, Region Molise, gelebt und ihren Heimatort Ende des 19. Jahrhunderts verlassen. Das Bild ihres Enkels ist nachhaltig geprägt von den vitalen Rollen etwa des jungen Don Corleone in Godfather Part II oder des eiskalten Mentors des Helden in GoodFellas, der als Halb-Ire jedoch vom engsten Kreis der Mafia-Familie ausgeschlossen bleibt, zudem von der komödiantischen Version des Mafiabosses Don Vitti in Analyze This (Harold Ramis, 1999; dt.: Reine Nervensache), eines Clan-Oberhaupts, das in eine – soll man sagen: Sinn-Krise – und damit verbundene Panikzustände gerät. Anlässlich der psychoanalytischen Sitzungen mit dem neurotischen Mafioso scheint der Doktor immer mal wieder seinen Kopf tief im Rachen des Löwen zu haben, aber eine Persiflage des angestammten Images des Gewaltsamen scheint immer spürbar, ein leicht selbstironisches Lächeln des Herrn über Leben und Tod scheint immer dabei zu sein. In Quentin Tarantinos Jackie Brown (1997) tritt De Niro als subalterner Gangster auf, als Aufpasser auf eine Frau, deren ewiges Gerede ihm bald so auf die Nerven geht, dass er sie kurzerhand erschießt – eine aberwitzige Wendung seines häufigen Rollenbilds als psychopathischer Macker.Er hat Ärzte, Geistliche, Musiker, Trucker, Polizisten, Feuerwehrmänner, Kranke, Soldaten und einfache Familienväter gespielt, aber die Verkörperung des Mafioso schien ihm immer am meisten zu liegen. Das muss mit der besonderen Sentimentalität zu tun haben, durchlässig und weich fast, mit der Ambivalenz eines Charakters bei aller Brutalität und der Verwandlung innerhalb von Sekunden.

Ein Leben in vielen Körpern

Im Jahr 2004 baten Funktionäre der Organisation „Order Sons of Italy in America“ (OSIA) den damaligen Staatschef Berlusconi, von seinem Vorhaben Abstand zu nehmen, De Niro als Verkörperung des Italienischen in der Welt die italienische Ehrenstaatsbürgerschaft anzutragen, er habe nichts getan, um italienische Kultur in den USA zu fördern. Vielmehr habe er in seinen Mobsterrollen dem Image der Italiener schweren Schaden zugefügt (ein Appell an den ‚Cavaliere‘ der Forza Italia, in dem es ausgerechnet um nationale Ehre und Gaunerstereotypen ging, nimmt sich kurios aus). Im selben Jahr stellte De Niro einen launigen Animationsfilm aus der Pixar-Produktion mit vielen Heldenfiguren aus der bunten Tierwelt vor: Shark Tale (Bergeron, Jenson, Letterman, 2004; dt.: Große Haie – kleine Fische) – hinter dem Titelwesen steckt ein Don Lino, Boss der Shark-Mobs, und dessen Stimme konnte nur einer übernehmen …

Inzwischen besitzt De Niro den „TriBeCa Grill“, mitunter kocht er auch mal im Film, etwa in Godsend (2004), man könnte auf den Gedanken kommen, dass er schon immer ein Gourmet gewesen ist. Auch in den Regalen von Supermärkten war er schon präsent, für Spaghetti, Tomatensauce und geriebenen Parmesan, und der Name einer Produktlinie für die Küche soll auch nach ihm benannt worden sein. „Sein nadelartiges Renaissance-Aussehen kriegte er nie wieder hin“, heißt es in Jerome Charyns „Movieland“ nach dem extremen Experiment der Dreharbeiten zu Raging Bull (M. Scorsese, 1979/80; dt.: Wie ein wilder Stier), sich in den Champion Jake LaMotta und dessen sichtbaren Verfall durch enorme Gewichtszunahme physisch einzufühlen.

„De Niro lebt in den Körpern anderer Leute!“ (Paul Schrader) Seine totale Identifikation mit jeder neuen Rolle wurde von den Medien zum Fetisch hochstilisiert, eine spektakuläre Leistungsschau der Anverwandlung in einem Kino der Attraktionen eigener Art, Staunen darüber, zu welchen Opfern einer wie De Niro bereit sei für ein Projekt, von dem er überzeugt ist: ein ganzes Jahr lang Boxen trainieren, unter Anleitung des Rollenvorbilds LaMotta, dazu über zwanzig Kilo Gewicht zunehmen, vier Wochen Taxifahren, ehe er sich in den Mann verwandelte, den Autor Paul Schrader als Taxifahrer im Sinn hatte („There’s no escape. I’m God’s lonely man“), und auch noch Saxophon spielen zu lernen, bis er ein solides Big-Band-Niveau erreicht für New York, New York. (M. Scorsese, 1976/77).

Die von De Niro gespielten physisch und mental gezeichneten Helden, deren Körper voller Narben und Tattoos von durchgestandenen Torturen, zeugen vom Überleben einer Hölle – in Taxi Driver oder Michael Ciminos The Deer Hunter (1978), für den er eine Zeitlang zur Eingewöhnung mit den Stahlarbeitern vor Ort lebt, auch noch im Remake Cape Fear (Martin Scorsese, 1991), in dem er als körpergestählt durchtrainierter Häftling Max Cady nach der Entlassung einen langgehegten Racheplan in die Tat umsetzt.

Nachbarschaft und Frühphase

De Niro bekam seine erste Filmrolle von Brian De Palma in dessen Film The Wedding Party (1963/64 gedreht; erst 1969 veröffentlicht). De Palma war es auch, der den Kontakt zwischen De Niro mit Martin Scorsese herstellte, beide kannten einander flüchtig, weil die Reviere ihrer Jugendbanden in direkter Nachbarschaft gelegen waren – der eine trieb sich auf der Prince Street herum, der andere, De Niro, war auf der Broome Street mit einer Gang namens „Forty Thieves“ zuhause. Bis zu jenem Abend, einem Weihnachtsabend, als man sich näher kennenlernte, war man über ein distanziertes Einander-Zunicken nicht hinausgekommen, nun aber muss man sich aus dem Stand wohl blendend verstanden haben, so dass De Niro sofort den Plan fasste, gemeinsam einen Film zu drehen über die Lebensweise in den Straßen von New York, womöglich ausgehend von den Erfahrungen der „vierzig Diebe“. Die Idee zu Mean Streets (Martin Scorsese, 1973) war geboren, und Scorsese konzipierte für De Niro die Figur des getriebenen Unterschichtengangsters Johnny Boy, eine Rolle, die er zunächst gar keine Lust gehabt haben soll zu spielen – es wurde De Niros Durchbruch, Ähnliches hatte man so noch nie gesehen: ein irrer Spinner, gerade zwanzig, auf dem Kopf einen Filzhut, wie ihn alte Männer tragen; infernalisch bearbeiten seine Kiefer einen Kaugummi, während er etwas in einen Briefkasten wirft, wie unter Speed forttänzelt, dabei sich lauernd umblickt und, als der Briefkasten explodiert, in Grinsen ausbricht. Ein außer Kontrolle geratener Psychopath von nebenan, nicht ganz dicht eben, der mit seinen riskanten Aktionen ein finales blutiges Chaos anstiftet.

Sein Vito Corleone ist dagegen ein Karrieregangster mit großer Zukunft; die Nähe zu Marlon Brando, der biographischen Fortsetzung des Paten, hatte De Niro die höheren Weihen verliehen. Taxifahrer Travis Bickle indessen, der Einzelkämpfer, gewonnen aus der Feder von Paul Schrader, bleibt so etwas wie der auratische Kern für De Niros Darstellerpersona. Dem Ex-Vietnamkämpfer, der nachts nicht schlafen kann, ist die Metropole ein chaotischer Moloch, auf seinen Fahrten in den Straßen der Bronx, von Brooklyn und Harlem phantasiert er von der großen Säuberung: „All the animals come out at night: whores, skunkpussies, buggers, queens, fairies, drapers, junkies … Someday a real rain will come and wash all their scum of the street.“ (so seine Off-Stimme). Diese Rolle verlieh De Niro augenblicklich Kultstatus, und Martin Scorsese, seinem Regiefavoriten bis heute, gleich mit. Anfangs als Außenseiter, sollte ihre Zusammenarbeit zumindest die folgenden dreißig Jahre lang das Gesicht des amerikanischen Kinos prägen und brachte De Niro die Bezeichnung eines „Homo Scorsesian“ ein – was auch heißt, seiner Neighborhood, dem Hinterhof, Little Italy treu und seiner Herkunft eingedenk zu bleiben.

In Leib und Seele seiner Figuren

Drei historische Breitwanddramen folgen – mit De Niro als Gutserben Alfredo Berlinghieri in Bertoluccis Epos Novecento (1900), dann als jüdischem Intellektuellen und zugleich mächtigem Hollywood-Produzenten der Dreißiger, Monroe Stahr, in Elia Kazans The Last Tycoon (1976), und schließlich als besessenem Saxophonisten und Jazz-Bandleader in der Nachkriegszeit, der unter der ihn weit übertreffenden Popularität seiner Frau, Liza Minelli als Sängerin und Show Star, zu leiden beginnt, in Martin Scorseses Musical New York, New York. Auch der manische Comedian Rupert Pupkin, als Killer des Komischen, dessen peinigende Auftritte einem die Schuhe ausziehen, funktioniert in King of Comedy (1982) ganz und gar im Sinne Scorseses – ätzend witzlos und gefährlich, im Resultat umwerfend komisch. Hier verkörpert er bereits den Charakter des gefährlichen Fans, wie er ähnlich in dem Film von Tony Scott – The Fan (1996) – seinem Baseball-Idol (Wesley Snipes) gefährlich wird.

Die Crème der Erneuerung des US-Kinos jener Epoche unter Beteiligung De Niros war bereits Geschichte, elf Werke in elf Jahren, das waren vergleichsweise wenige Filme einer legendären Phase, deren Rollen der Method Actor in den siebziger und achtziger Jahren enorme Vorbereitungszeit, intensive Einarbeitung gewidmet hatte. In den späten Achtzigern und frühen Neunzigern sind die tragischen, innerlich zerrissenen Figuren, die Ich-Sucher, die De Niro unvergleichlich verkörperte, verzweifelte Männer, Helden ohne Heldentum, nicht mehr gefragt, die Freiheiten der New-Hollywood-Generation dahin.

In der Folge sind viele Filme entstanden, die sich dagegen eher im Mittelmaß befinden, und in denen De Niros Auftritte wohl das Bemerkenswerteste darstellen. Im Zweifelsfall profitierte er von seinem Image, vieles besteht aus Anspielungen, Selbstzitaten. Scorseses GoodFellas (1990), Cape Fear (1991) und Casino (1995) belebten immerhin seinen Kurs und zeigten sein ganzes Können. Doch begann der Star sich in den Vordergrund zu schieben, das Chamäleon verschwand nicht mehr in Leib und Seele seiner Figuren und deren komplizierten charakterlichen Anlagen. Zunehmend schien er, De Niro, die Rollen, die er spielte, in den Schatten zu stellen. Grandios allerdings sind seine Auftritte neben dem Freund Al Pacino, mit dem er für The Irishman (M. Scorsese, 2019) erneut vor der Kamera stand, in Michael Manns Heat (Michael Mann, 1995) und zwei Komödien, in denen De Niro tatsächlich komisch ist: Mad Dog and Glory (John Naughton, 1993), in der Rolle eines spießigen Spurensuchers der New Yorker Polizei als Gegenüber von Bill Murray, der ihn zweifellos inspiriert haben muss, und Wag the Dog (Barry Levinson, 1997), als Spezialist für schwierige Fälle des Desinfotainments, wie es von der PR-Täuschungsadministration im Weißen Haus ausgeht. Zur Vorbereitung dieser Rolle sollen nur einige Videofilme aus den War Rooms Washingtons gedient haben, von denen sich De Niro das Deklamieren und Herumgestikulieren der Spin Doctors abschauen konnte, den Rest besorgte er mit seiner gewohnt aus dem Hut gezauberten Aggressivität.

Auswertung im Komödienfach

Mit fast sechzig avancierte er zu den Topverdienern der Branche, und zwar im Komödienfach: Analyze This (Harold Ramis, 1999) wertete sein Mafioso-Filmimage aus. De Niro sei wohl der einzige Mann in Hollwood, so der Biograph Shawn Levy, der jahrzehntelang harte Typen eindringlich dargestellt hatte und dies in das heiter-ernste Psychodrama einzubringen vermochte. Meet the Parents (Jay Roach, 2000; dt.: Meine Braut, ihr Vater und ich) wurde De Niros kommerziell erfolgreichster Film; in der Rolle eines pensionierten CIA-Agenten konnte er den fiesen Zwangscharakter und autoritären Typ zur Geltung bringen. Das Erfolgsrezept wurde variiert fortgesetzt und gelangte mit Dirty Grandpa (Dan Mazer, 2016) in die Niederungen des Geschmacks, doch auch hier, bei den schlimmen Vätern oder Großvätern, gab es Nachträge: The War With Grandpa (Tim Hill, 2020) oder About My Father (Laura Terruso, 2023).

Im Rückblick zeigt sich: Es gibt Figuren, die ihre Zeit in sich aufbewahrt haben, Gesichter, die wir immer wieder sehen wollen: Travis Bickle, Jake LaMotta, Rupert Pupkin (dieser aus The King of Comedy) u. a. gehören dazu und De Niro hat sie gespielt. Und dreht nach vielen Jahren wieder mit Martin Scorsese: In The Irishman – „Hit man Frank Sheeran looks back at the secrets he kept as a loyal member of the Bufalino crime family“, so der One-Sentence-Plot – und Killers of the Flower Moon finden sich die ehemals Verschworenen, Propheten des neuen Kinos wieder vereint.