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Filmstart

Lars Eidinger – Sein oder nicht sein

| Alexandra Seitz |
Aufschlussreiches Porträt

Der deutsche Schauspieler Lars Eidinger, geboren 1976 in Berlin, hat eine große Klappe und kein kleines Ego. Er sagt, was er denkt, meint, was er sagt, eckt an und polarisiert. Die einen finden ihn überschätzt, die anderen können ihn schon nicht mehr sehen, die dritten erklären ihn zu einem der größten Schauspieler seiner Generation (im deutschsprachigen Raum), die vierten verehren ihn entschieden. Kalt lässt er nur die, die nichts von ihm wissen.

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Dass ein Film über dieses veritable Schauspiel-Monster (Kaliber Brandauer, Werner, Olivier) „Sein oder nicht Sein“ betitelt ist, will da doch äußerst passend erscheinen. Grundsätzlicher und großspuriger als mit dem Beginn des berühmtesten Monologs der Theatergeschichte lässt sich eine Ansage ja wohl kaum machen: Hier bin ich, Eidinger der Große! Der, der Hamlet in einen Tourette-geplagten Manisch-Depressiven verwandelt hat! Der, der aus diesem Inbegriff von Melancholie die Kehrseite des gefährlichen Irren herausholte, dessen (selbst)zerstörerische Impulse Klein-Dänemark in den Abgrund rissen!

Allerdings geht es in Lars Eidinger – Sein oder nicht Sein nicht nur um Hamlet oder um Richard III., jene mittlerweile legendären Eidinger-Figuren, die in Thomas Ostermeiers Inszenierungen der beiden Shakespeare-Dramen 2008 und 2015 an der Berliner Schaubühne das Licht der Welt erblickten. Entstanden ist Reiner Holzemers Dokumentarfilm vielmehr rund um die Proben zu Hugo von Hofmannsthals alljährlich im Rahmen der Salzburger Festspiele aufgeführtem Mysterienspiel „Jedermann“. Darin hatte Eidinger 2021 die Ehre (denn eine solche ist es), die Titelfigur zu verkörpern – für den Skandal sorgte dann jedoch Verena Altenberger, weil sie in der Rolle der Buhlschaft mit rasiertem Schädel auftrat.

Altenberger kommt ebenso zu Wort wie Ostermeier und Angela Winkler und weitere Weggefährten und Weggefährtinnen; meist aber redet Eidinger selbst, was nicht das Schlechteste ist, insofern er im Unterschied zu nicht wenigen seiner Kollegen, die in dieser Hinsicht oftmals geheimniskrämerisch maulfaul bleiben, ebenso reflektiert wie offenherzig über seine Profession Auskunft gibt. Da lässt sich also etwas lernen über die Schauspielerei, und über die Arbeit des „Spielers“ (O-Ton Eidinger) an der Figur – die woraus besteht? Sprache, Körper, Gefühl. Nichts davon ist leicht zu nehmen. Und es ist vor allem die Entschiedenheit, mit der Eidinger Emotionalität weniger projiziert als lebt, die seinem Spiel die enorme Wucht verleiht. „Die Kunst ist mein Zuhause“, sagt er – und lässt uns mal einen Blick hineinwerfen.