ray Filmmagazin » Filmkritiken » Late Night – Die Show ihres Lebens
Late Night – Die Show ihres Lebens

Filmkritik

Late Night – Die Show ihres Lebens

| Pamela Jahn |
Amüsante TV-Unterhaltung im Kinoformat

„Tonight with Emma Thompson“ – ganz ehrlich, wer würde da abschalten? So sympathisch, klug, engagiert, humorvoll und geistreich wie sich die britische Schauspielerin seit ihrem internationalen Durchbruch in James Ivorys Howards End Anfang der Neunziger im Kino wie im wahren Leben präsentiert, sind nur wenige Frauen im Geschäft, und Thompsons unwiderstehlicher, grundehrlicher Charme tut sein Übriges, um noch den letzten Zuschauer um den Finger zu wickeln, ganz gleich, ob der Film, in dem sie spielt, auch über ihre darstellerische Leistung hinaus etwas taugt oder nicht.

Werbung

Schwerer hat es dagegen die kantige Talkshow-Moderatorin, die sie in Nisha Ganatras amüsanter Tragikomödie verkörpert. Katherine Newbury hat die besten Jahre ihre Karriere bereits hinter sich. Einst gefeierte Komödiantin, leidet sie mit ihrer Talkshow seit längerem schon unter extremem Quotendruck, bis der Sender schließlich droht, das Format endgültig einem jüngeren, hipperen Star der Comedy-Szene zu überschreiben.

Doch damit nicht genug: Die einzige Frau mit eigener Late-Night-Show im US-Fernsehen hat ein nicht zu unterschätzendes Imageproblem. Denn Newbury traut den Frauen dieser Welt nicht zu, dass auch sie ihr flotte Sprüche für die allabendliche Sendung schreiben können. Erst als ihr von ganz oben das Messer an die Brust gesetzt wird, lässt sie sich aus Verzweiflung darauf ein, die Newcomerin Molly (Mindy Kaling) in ihr Team aufzunehmen, um das Ruder herumzureißen und ihr allabendliches Dasein auf der Mattscheibe vor dem Untergang zu retten.

Kaling, die nicht nur auf der Leinwand die Dinge aufmischt, sondern auch das Drehbuch zu Late Night verfasste, in dem sich Witz, Mut und Wahrheit neben einem ordentlichen Schuss RomCom gekonnt die Waage halten, hat einst als Praktikantin bei Conan O’Brien ihr Fach gelernt, bevor sie zum Schreibteam von The Office wechselte und schließlich mit ihrer eigenen Show The Mindy Project durchstartete. Ihre Molly mag neu sein hinter den Kulissen, aber sie weiß, worauf sie sich eingelassen hat, als sie ihre Arbeit in der heimische Chemiefabrik aufgab, um im harschen, undankbaren TV-Business ihren Weg zu gehen. Und Thompson gibt ihr bei aller spitzschultrigen Leinwandpräsenz den nötigen Raum, um hinter so viel darstellerischer Brillanz nicht hoffnungslos unterzugehen. Zwar kann sich auch Late Night einiger Klischees, kitschiger Momente und Comedy-Fallen nicht erwehren, aber trotzdem schafft es der Film, dass mehr hängen bleibt als nur die letzte Pointe. Und wenn es nur die Tatsache ist, dass die Welt mehr Emma Thompson braucht. Tonight, und immer.