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Latte Igel und der magische Wasserstein

Filmkritik

Latte Igel und der magische Wasserstein

| Jörg Schiffauer |
Ein Animationsvergnügen abseits bekannter Namen

Auch abseits der bekannten Größen aus Hollywood herrscht im beliebten Fachbereich Animation höchste Umtriebigkeit, wie eine deutsch-belgische Koproduktion unter Beweis stellt. Im Mittelpunkt der Adaption des gleichnamigen Kinderbuchs von Sebastian Lybeck steht das titelgebende Igelmädchen namens Latte, eine Figur, die der schwedischsprachige Finne Lybeck auch in einigen weiteren Büchern ins Zentrum rückte und die es auch im deutschsprachigen Raum zu einer nicht geringen Popularität brachte.

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Latte lebt in einem eigentlich idyllischen Wald, doch wie ihre tierischen Mitbewohner steht sie vor einem ernsten Problem. Denn ihr Fluss ist seit geraumer Zeit versiegt, und alle Wasservorräte neigen sich dem Ende zu. Als sich unter den Waldbewohnern Ratlosigkeit breit zu machen beginnt, offeriert der Rabe Korp einen überraschenden Lösungsansatz. Das Versiegen der Wasserquelle hat seine Ursache im Verbringen eines magischen Steins, den der Bärenkönig namens Bantur in seinen Besitz gebracht habe. Niemand mag der Geschichte des etwas kauzigen Vogels Glauben schenken. Nur Latte, die ohnehin ein wenig als Außenseiterin gilt, beschließt, zur Tat zu schreiten und den Stein – und damit das lebensnotwenige Nass – zurückzuholen. Begleitet wird sie dabei nur von dem kleinen Eichhörnchen Tjum, das allerdings ein eher ängstlicher Typ ist. Das ungleiche Duo begibt sich also auf eine abenteuerliche Reise, die die beiden mitten ins Reich der mächtigen Bären-Community führen soll. Womit die Turbulenzen erst so richtig los gehen …

Zugegeben, Latte Igel kann nicht mit extravaganten Charakteren wie gelben Phantasiegeschöpfen mit Kunstsprache oder Kreaturen aus der Eiszeit aufwarten. Auch der Plot vollzieht keine wahnwitzigen Wendungen wie etwa Pandas, die ihre Martial-Arts-Künste erproben, oder Ratten, die als Meisterköche ihre Berufung finden. Die Protagonisten von Latte Igel entsprechen eher einem traditionellen Typus, der sich in Literatur – die Titelfigur mit ihrem dezidierten Freigeist erinnert wohl nicht zufällig an Mark Twains „Huckleberry Finn“ – und Film schon vielfach bewährt hat.  Auch die Animation orientiert sich stilistisch eher an klassischen Arbeiten des Genres, eine durchaus stimmige Entscheidung, die gut zur bereits 1958 veröffentlichten Romanvorlage passt. 

Mit Charakteren, die in ihrer Zeichnung geschickt zwischen wirklich herzig und witzig changieren, und einem ebenso spannenden wie humorvollen Plot, der hinter den Spannungsbögen Themen wie Individualität, den Wert der Freundschaft und Solidarität zu verhandeln versteht, erweist sich Latte Igel und der magische Wasserstein als idealer (Vor-)Weihnachtsfilm für die ganze Familie.