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Official Secrets

Filmkritik

Official Secrets

| Oliver Stangl |
Lügen und Geheimnisse

Dass die USA und Großbritannien den zweiten Irakkrieg 2003 auf Basis gefälschter Geheimdienstinformationen vom Zaun gebrochen haben, dürfte mittlerweile kaum noch angezweifelt werden. Der vorgebliche Kriegsgrund waren von Saddam Hussein gehortete Massenvernichtungswaffen, doch die Wahrheit dürfte näher bei Macht, Öl und Geld liegen. Gefunden hat man diese Waffen jedenfalls nie. Die Invasion erfolgte ohne Mandat des Sicherheitsrates und kostete hunderttausende Menschenleben. Schon damals gab es Zweifel an den offiziellen Kriegsgründen, und eine Frau, die diese Zweifel erhärtete, ist die britische Übersetzerin Katharina Gun. Gun, die damals für den britischen Nachrichtendienst GCHQ arbeitete, erhielt 2003 eine E-Mail von der NSA, in der sie aufgefordert wurde, bei Überwachung und Translation von Überwachsungsaufnahmen mitzuhelfen. Mithilfe dieser Aufnahmen sollten jene UN-Länder, die sich weigerten, den Angriff auf den Irak zu legitimieren, unter Druck gesetzt werden. Gun konnte diese Vorgehensweise jedoch nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren, wurde zur Whistleblowerin und spielte der britschen Tageszeitung „The Observer“ Informationen zu. Die Zeitung brachte die Meldung, doch Gun wurde einige Tage später verhaftet und wegen Verrats vor Gericht gestellt …

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Gavin Hoods (Eye in the Sky) Filmversion von Guns Geschichte gelingt es, die Ereignisse ziemlich plastisch und übersichtlich zu erzählen, und mit Schauspielern wie Keira Knightley als Gun, Ralph Fiennes als ihr Anwalt Ben Emmerson oder Matt Smith als Reporter Martin Bright ist das alles auch tadellos besetzt. Dem visuell unauffälligen Film gelingt es allerdings nicht ganz, Klischees zu vermeiden, sei es beim konventionellen Musikeinsatz oder beim Einstreuen von Spannungsmomenten, die man schon zu oft auf der Leinwand gesehen hat. So gut es Knightley auch gelingt, den Druck, der auf Gun lastet, darzustellen: ein wenig mehr Hintergrund zur Figur wäre nicht schlecht gewesen.

Dadurch hätte beispielsweise der Handlungsstrang, der Guns Ehe mit dem von der Abschiebung bedrohten Kurden
Yasar thematisert, mehr Gewicht erhalten. Dazu kommt, dass manche Mitglieder der „Observer“-Redaktion eher Journalistenfiguren aus der Mottenkiste sind und der Dialog manchmal allzu funktional erscheint. Doch sei’s drum: Der Film mag zwar – trotz einer Tiefgaragenszene – nicht das britische Pendant von All the President’s Men geworden sein, ist aber doch insgesamt ein solide-schnörkelloses Drama zu einem leider allzu realen und zeitlosen Thema.