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Filmkritik

Offshore – Elmer und das Bankgeheimnis

| Angela Sirch |
Doku über den Whistleblower Rudolf Elmer und die Welt windiger Bankgeschäfte

Durch seine Arbeit als Banker für die Zürcher Privatbank Julius Bär verdient Rudolf Elmer in den neunziger Jahren ein stattliches Salär um die 220.000 Schweizer Franken jährlich. Er wird als CEO der Außenstelle auf den Cayman Islands eingesetzt. Durch den von Ronald Reagan ins Leben gerufenen „War on Drugs“ geraten die großen Schweizer Banken immer mehr unter internationale Beobachtung. Durch Geldwäsche und Identitätsverschleierungen kommt man in Verdacht, sich die Finger an Drogengeld schmutzig gemacht zu haben. Die Gesetze zur Überwachung von Bankgeschäften werden verstärkt, doch wie so oft sind die gewieften Banken der Justiz wieder einen Schritt voraus: sie entdecken die Steuerparadiese der Karibik für sich, die Steuerhinterziehung im großen Stil möglich machen. Eingedeckt mit Arbeit und durch ein gewisses Maß an Naivität, das er auch selbst eingesteht, lernt Elmer das eigentliche Ausmaß der Transaktionen seines Arbeitgebers  erst viel später kennen. Nach den Anschlägen auf das World Trade Center geraten dubiose Finanzgeschäfte wieder verstärkt ins Rampenlicht, da sie nun auch als Drehscheibe für Terror-Geld gesehen werden. Rudolf Elmer bemerkt zunehmend, dass ihm Dinge seitens der Firmenleitung verheimlicht werden und dass er keine Unterstützung mehr erhält, wenn er gewisse Aktionen nicht genehmigen will. Im Dezember 2002 wird er schließlich gekündigt. Da er jedoch nicht die zugesicherte Auszahlung erhält, beginnt er zunächst zum Zweck der Einforderung seiner Zahlungen Bankdaten, die sich noch in seinem Besitz befinden als Druckmittel einzusetzen. Doch je mehr er sich mit den brisanten Daten, beispielsweise zu Trusts eines verurteilten mexikanischen Drogenhändlers auseinandersetzt, desto größer wird sein Wunsch, die Öffentlichkeit über die kriminellen Machenschaften der Privatbank Julius Bär zu informieren, was in der Veröffentlichung von Bankdaten auf der Plattform WikiLeaks und der Übergabe zweier Daten-CDs an Julian Assange gipfelt.

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Dem Filmemacher Werner Schweizer ist ein ganzheitliches Porträt des Whistleblowers Rudolf Elmer gelungen, das dem Zuseher auf dokumentarische, aber darum nicht weniger erschreckende Weise den auch im Film zitierten Ausspruch von Jean-Jacques Rousseau näher bringt: „Der Reiche trägt das Gesetz in seinem Portemonnaie.“ Eine Welt in der es nur darum geht, erst dann Geld zu zahlen, wenn einem eine Gefängnisstrafe droht oder ein Eingeständnis der eigenen Schuld eingefordert wird. Steuerbetrug, Identitätsverschleierung, Geldwäsche – die Finanzbranche als Spielplatz reicher Männer und mittendrin Rudolf Elmer, der sich selbst weder als Verräter noch als Held sehen will, sondern als einer, der nach Jahren aufgewacht ist und auch andere aufwecken möchte, wofür er nun mit einem schon seit Jahren andauernden Prozess wegen Verletzung des Bankgeheimnisses bezahlen darf.