One Life - Anthony Hopkins

Filmstart

One Life

| Pamela Jahn |
Anthony Hopkins bewegt als bescheidener Kriegsheld.

 

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Nicholas „Nicky“ Winton war ein bescheidener Mann. Zu bescheiden, sagen die einen. Winton selbst hielt sich in Bezug auf seine Heldentat immer zurück. In der Zeit zwischen dem Münchner Abkommen 1938 und Hitlers Einmarsch in Polen 1939 rettete er 669 Kindern das Leben, indem er sie von Prag aus nach Großbritannien brachte, wo sie in Pflegefamilien unterkamen. Die meisten von ihnen waren jüdisch. Für seine Leistung wurde er später zum Ritter geschlagen; man nannte ihn den „britischen Schindler“.

Es ist eine bewegende Geschichte, die TV-Regisseur James Hawes in seinem ersten Kinofilm erzählt. Eine, die im harschen Kontrast zur aktuellen Flüchtlingspolitik Großbritanniens steht. Allein deshalb gebührt One Life ein gewisses Maß am Aufmerksamkeit. Auch wenn sich der Film sonst eher unauffällig in jenen Kanon von Werken einreiht, die sich mit lobenswerten Heldentaten von Einzelkämpfern im Zweiten Weltkrieg beschäftigen.

Anthony Hopkins spielt den alten Winton, der von Beruf Börsenmakler war und 2015 im stolzen Alter von 106 Jahren verstarb. Der Film zeigt ihn als Ruheständler in den Achtzigern – eine Rolle wie geschaffen für den großen Schauspielveteranen, der seiner Figur in jeder Szene Respekt und Sanftmut verleiht. Johnny Flynn dagegen ist als der junge Flüchtlingsaktivist Winton zu sehen, der sich, kaum in Prag angekommen, sogleich an die Arbeit macht, Geld zu beschaffen, Regierungsstellen um Visa zu bitten und Pflegefamilien zu organisieren. Den Handlungsdrang hat er von seiner Mutter Babette geerbt, trefflich von Helena Bonham Carter verkörpert.

Die Rettungsaktion umfasst insgesamt neun Zugladungen mit Kindern, die auf ihrem Weg nach Großbritannien deutsches Gebiet durchqueren müssen. Acht davon kommen einigermaßen gut durch, aber der letzte Zug befindet sich noch am Bahnsteig in Prag, als die Nachricht vom Nazi-Einmarsch in Polen eintrifft. Wie die Soldaten in den Bahnhof strömen und Angst und Schrecken verbreiten, ist die Tragödie, die Wintons Erinnerungen prägt.

Hawes wählt für beide Handlungsstränge jeweils einen anderen visuellen Ansatz – die in einem handkameraartigen Stil gedrehten Sequenzen in den Dreißigern sind in kalten, unheilvollen Grautönen gehalten. Die in warmes Licht gehüllten späteren Szenen wirken ruhiger, kontemplativer. Was den Film zu einem Ganzen verbindet, sind die beiden Hauptdarsteller, wobei Hopkins die ergreifendsten Momente mit seiner ganzen schauspielerischen Kraft ausfüllt: Bei einer Aufzeichnung der BBC-Sendung That’s Life, in der Winton sich selbst der Bedeutungsschwere seiner Taten bewusst wird.