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Putty Hill

Filmkritik

Putty Hill

| Ines Ingerle |

Ein mit wenig Geld und viel Leidenschaft inszenierter, einfühlsamer und bewegender Independentfilm.

Cory stirbt nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis mit 24 Jahren an einer Überdosis Heroin allein in seinem verwahrlosten Haus am Rande von Baltimore. Am Vortag seiner Beerdigung kommen Freunde und Verwandte zusammen, um sich gemeinsam des jungen Verstorbenen zu erinnern und ihm die letzte Ehre zu erweisen.

Putty Hill ist ein Film, der sich konstant zwischen Realität und Fiktion bewegt. Regisseur Matthew Porterfield mischt gekonnt dokumentarische mit Spielfilmelementen, um eine Geschichte über das Leben, die Menschen und die Stimmung in den Vororten Baltimores zu erzählen. Er arbeitete ausschließlich mit Laiendarstellern, denen kein Text vorgegeben war, und die somit viel Freiraum für Improvisation hatten. In den einzelnen Szenen und den Geschichten, die sie erzählen, steckt sehr viel Persönliches und Individuelles. Die Darsteller verschmelzen mit den Charakteren, die sie verkörpern, und liefern somit eine unglaublich authentische, eindringliche Darbietung. Sie beantworten dem Regisseur – als omnipräsentem, aber nie sichtbarem Interviewer hinter der Kamera – Fragen über ihren Bezug zu Cory, über ihre Einstellungen zu Beerdigungen, Trauer, das Leben und den Tod.

Putty Hill ist Sozialdrama, Teenagerfilm und Amerika-Studie zugleich. Er gibt einen Einblick in das Vorstadtmilieu mit seinen verwachsenen Gärten, ungepflegten Veranden, kargen Wohnungen, mit Erwachsenen, die vom Leben gezeichnet sind und Teenagern, die für ihr Alter viel zu schwermütig underschöpft wirken. Die Kamera folgt ihnen in ihre spärlich eingerichteten Zimmer, in denen sie rauchen und fernsehen; durch Wälder, die sie durchstreifen; an den Fluss, in dem sie sich abkühlen; oder zum Skatepark, in dem sie sich gegenseitig Tricks beibringen.

Optisch äußerst anspruchsvoll setzt Kameramann Jeremy Saulnier, mittlerweile eine Art Star der aktuellen US-Indie-Szene, dabei die einzelnen Bilder in Szene, spielt mit Licht, Farben und dem Kontrast von Hell und Dunkel. Die ruhigen Einstellungen lassen den Zuschauer in die vorherrschende melancholische Grundstimmung kippen und vermitteln das Gefühl für die Trostlosigkeit dieses Vorstadtlebens. Man beginnt zu begreifen, warum Drogenkonsum und Gewalt hier allgegenwärtig sind und Todesfälle wie der von Cory zum Alltag gehören: ein in nur zwölf Tagen gedrehter US-amerikanischer Underground- und Independentfilm, wie man ihn heutzutage nur noch äußerst selten zu sehen bekommt.