ray Filmmagazin » Filmkritiken » Risiken und Nebenwirkungen
Risiken und Nebenwirkungen

Filmkritik

Risiken und Nebenwirkungen

| Angela Sirch |
Ein feinsinniger Beziehungstest auf Herz und Nieren

Würden Sie Ihrem Lebenspartner Ihre Niere spenden? Und wäre es umgekehrt, würden Sie Ihrem Partner zugestehen, sich diesen Schritt erst einmal zu überlegen? Fragen und  Antworten, die ein Leben auf den Kopf stellen können. So ergeht es Kathrin (Inka Friedrich) in Michael Kreihsls neuem Film, der auf Stefan Vögels Erfolgs-Theaterstück „Die Niere“ basiert. Eben noch lebte sie weitgehend sorgenfrei mit ihrem Mann Arnold (Samuel Finzi), der erfolgreich als Architekt tätig ist, in einem ansehnlichen Haus, übt mit Begeisterung ihren Beruf als Pilates-Trainerin aus und freut sich mit ihrer Tochter, die mit ihrem Freund zusammenzieht. Und dann die Diagnose Niereninsuffizienz im dritten Stadium. Die einzige Lösung: eine Transplantation. Glücklicherweise hat ihr Mann dieselbe Blutgruppe und ist somit als Spender sehr gut geeignet. Obwohl sie ihrem völlig überrumpelten Ehemann klar macht, dass mit ihrer Frage nach seiner Organspende absolut keine Erwartungshaltung verbunden ist, kann sie ihre Frustration und ihren Ärger ob seines Zauderns nur schwer unterdrücken. Während sich Arnold akribisch über die möglichen Komplikationen informiert und mit seiner Verantwortung als Geschäftsführer einer großen Firma argumentiert, ist Götz, der gemeinsame Freund des Paares, der ebenfalls die passende Blutgruppe hat, sofort dazu bereit, Kathrin seine Niere zu spenden. Sehr zum Ärger seiner Partnerin Diana, die sich übergangen fühlt und annimmt, dass er sich der Risiken nicht bewusst ist.

Werbung

Wie schon bei Die Wunderübung wagt sich Kreihsl an eine pointierte Analyse von Paarbeziehungen, diesmal anhand einer schwierigen Prämisse, die auf einmal alles im Leben der Protagonisten in Frage stellt. Angesichts einer Situation, die Courage und Ehrlichkeit erfordert, offenbart sich die Brüchigkeit, das Wanken zwischenmenschlicher Verbindungen, die im Trott des Alltags selbstverständlich oder einfach bequem geworden sind. Es ist eine Komödie, bei der man eher schmunzelt als lacht und ist es doch ein Lachen, besteht die Gefahr, dass es einem im Halse stecken bleibt. Den Figuren wird Raum gegeben, jede kann ihre hellen und ihre dunklen, ihre liebenswerten und ihre anstrengenden Seiten offenbaren. Leidenschaftlich und wankelmütig, stark und zynisch, liebesbedürftig und egoistisch, aufopfernd und unsensibel – die feinsinnige Zeichnung der Charaktere findet sich auch in der Erzählung der Geschichte wieder, die mitunter auch beim Zuseher die ein oder andere existenzielle Frage aufwirft.