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Zerschlag mein Herz

Filmkritik

Zerschlag mein Herz

| Angela Sirch |
Romeo und Julia in den Straßen der Großstadt

Seitdem Pepes Vater tot ist, fungiert Onkel Rocky als Oberhaupt der Familie und bestimmt, was Sache ist. Für ihn muss Pepe in den Straßen Wiens betteln gehen, gibt er Widerworte, droht Rocky ihm damit, seine kleine Schwestern aus dem slowakischen Dorf nach Wien zu holen und auf den Strich zu schicken. Die beiden, sowie Terezka, ihr Sohn Sandokan und der Transvestit Jessica leben gemeinsam unter einem Dach. Alle haben bei Rocky eigene Schulden oder die ihrer Familie abzubezahlen – sei es durch Betteln oder Prostitution. Eines Tages wird die junge Marcela Teil der Gruppe und Pepe, der sie von Anfang an gern hat, schafft es mit einem kleinen Trick, dass Rocky sie zum Betteln und nicht zum Anschaffen schickt. Zaghaft entwickelt sich zwischen Pepe und Marcela Liebe, die das harte Leben auf der Straße und Abhängigkeit von einem launischen Kleinkriminellen erträglicher macht. Doch auch Rocky hat ein Auge auf das junge, schöne Mädchen geworfen. Daraus entspinnt sich eine Dreiecksgeschichte, die die jungen Liebenden in große Gefahr bringt.

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Mit ihrem Regiedebüt erzählt Alexandra Makarová eine der berühmtesten Liebesgeschichten der Welt aus der Sicht zweier junger Roma, die in der Großstadt, weitab ihrer Heimatdörfer nach einem Stück Hoffnung greifen, sich dabei aneinander festhalten und drohen unterzugehen. Für die Besetzung der beiden Hauptfiguren hat die Regisseurin über die sozialen Medien und in Roma-Siedlungen in der Ost-Slowakei authentische Darsteller gesucht und gefunden.

Obwohl Roman Pokuta und Simona Kovacová Laien sind, nehmen sie den Zuschauer mit auf eine schöne, bedrückende und aufwühlende emotionale Reise. In farbenfrohen Bildern, die ein visuelles Gegenstück zur Tristesse der Lebensumstände darstellen, zeigt Makarová eine Welt, die man auf den Straßen Wiens gerne übersieht und die auf der Kinoleinwand nach wie vor kaum Platz findet. Zerschlag mein Herz verweist auf Traditionen einer patriarchalischen Kultur und Menschen, die nach Liebe, Geborgenheit und einem Weg aus vorgegebenen Machtstrukturen suchen. Obwohl der Film mit seiner Unterteilung in Kapitel und seiner poetischen Bildsprache an die Erzählweise von Märchen erinnert, bringt er einen unbehaglichen Realismus mit sich.

Indem Makarová eine so klassische, leidenschaftliche Liebesgeschichte wählt und sie in einen unerwarteten Kontext setzt, zeigt sie dem Zuschauer, dass dort, wo sich unsere vorgefertigten Meinungen und Vorurteile befinden, ebenso viele Geschichten und Schicksale darauf warten erzählt zu werden.