Dalí, Dalí: ein Porträt des Künstlers als exzentrischer Mann
Biopics waren lange eine ziemlich konventionelle Sache, die der Essenz der Porträtierten gerade wegen ihrer künstlerischen Mutlosigkeit oft nicht näherkamen. Doch besonders im Bereich von Künstlerbiografien gibt es in den letzten Jahren zunehmend Ausnahmen von der Regel. Ein prominentes Beispiel markiert etwa Todd Haynes’ (Interview) Dylan-Film I’m Not There (2007), in dem der Songwriter von sechs Schauspielern verkörpert wurde; erst letztes Jahr lief hierzulande Henrik Martin Dahlsbakkens Munch im Kino, in dem vier Schauspieler unterschiedliche Facetten des berühmten norwegischen Malers zum Leben erweckten. Dass nun in Daaaaaali! fünf Darsteller den spanischen Surrealismus-Großmeister in verschiedenen Altersstufen geben, sollte nicht verwundern, stammt der Film doch vom Franzosen Quentin Dupieux (Regie, Buch, Kamera Schnitt), in dessen Filmografie sich ebenfalls viele unkonventionelle bis surreale Werke tummeln (etwa die Horrorkomödie Rubber um einen mordenden Autoreifen).
Salvador Dalí sagt auch Kunstlaien etwas, wozu neben berühmten Gemälden (etwa „Die Beständigkeit der Erinnerung“, das zerrinnende Uhren zeigt) und Film-Kollaborationen (Buñuel, Hitchcock) ein geschickt gepflegter Personenkult (gezwirbelter Schnurrbart, Spazierstock) sowie ungeheure Exzentrik (Ameisenbär) beigetragen haben. Exzentrik und ihr nahtloser Übergang in Egozentrik sind es auch, die in Dupieux‘ Film im Mittelpunkt stehen. Die lose Handlung dreht sich um eine französische Journalistin, die den Malerfürsten mehrfach interviewen will, mit diesem Unterfangen aber immer wieder aufs Neue scheitert – und das, obwohl man Dalís Begehr nach immer größeren Kamera-Setups stetig nachkommt. Daaaaaali! spielt in einer traum-artigen, surrealen Welt, in der Zeit und Raum nach eigenen Gesetzen funktionieren. Dabei werden Arbeiten des Künstlers durchgehend visuell zitiert; auch Reflexionen über das „Gemachte“ des Films an sich gibt es. Dalí wirkte in Interviews stets sehr aufgedreht, und so halten sich die fünf Schauspieler Édouard Baer, Jonathan Cohen, Pio Marmaï, Gilles Lellouche und Didier Flamand nicht zurück: Sie legen Performances vor, die irgendwo zwischen Karikatur und Wahrhaftigkeit liegen. Die stetige, rhythmische und teils nervöse Musikbegleitung stammt vom ehemaligen Daft-Punk-Mitglied Thomas Bangalter – eine gelungene atmosphärische Unterstützung. Dupieux dreht mit fortschreitender Laufzeit so lange an der Surrealismus-Schraube, bis Wiederholung und Variation schließlich zur faszinierenden Zeitschleife werden. Ein oftmals komischer, visuell durchkomponierter Film, der Dalí parodistisch die Ehre erweist, sich aber auch als kritische Reflexion von Star- und Künstlerkult lesen lässt.