Disney-Österreich-Chef Ferdinand Morawetz im ausführlichen Gespräch über die heimische Kino-Situation, sein Lieblingsthema Filmpiraterie, über österreichische Trickfilm-Synchronisationen, slowakische Kollegen und den Reiz lokaler Faktoren im globalen Konzern.
Sein Vater kam aus Wien, war Drehbuchautor und Produzent. Seine Mutter stammte aus Salzburg und bekam von ihrem Mann einmal ein besonders schönes Geschenk: ein eigenes Kino in der Festspielstadt. Das Elmo-Kino in der Saint Julien-Straße gibt es heute noch, benannt ist es nach Elisabeth Morawetz. Dass Sohn Ferdinand das Elmo einst als Betreiber übernehmen würde, lag irgendwie auf der Hand. Später arbeitete Morawetz, der sich selbst als „Mischung aus Wiener und Salzburger Einfluss“ sieht, bei Warner Brothers, dann als Selbständiger mit seinem Elmo-Filmverleih eng mit der UIP (United International Pictures, Tochter von Universal Pictures)zusammen. Seit 16 Jahren steht Ferdinand Morawetz mittlerweile in Diensten der Walt Disney Studios Motion Pictures Austria. Dabei hat er unter anderem die überaus dankbare Aufgabe, auf Erfolg programmierte Animationsfilme von Disney/Pixar auf dem heimischen Markt zu platzieren. Cars (samt deutsch-österreichischer Promi-Synchronisation) oder Wall-e („Der letzte räumt die Erde auf“) sind nur zwei jüngere Beispiele personifizierter Helden, die auf der Leinwand Karriere machen – obwohl oder gerade weil es sich in diesen Fällen bloß um Blechkisten handelt. Morawetz’ weniger dankbare, wenngleich frei gewählte Aufgabe ist es, als Präsident des VAP (Verein für Anti-Piraterie der Film- und Videobranche Österreichs) gegen das allgemein grassierende Raubkopier-Unwesen vorzugehen.
Auf den ersten „indirekt österreichischen“ Film, den Disney weltweit im Verleih hat, ist Morawetz besonders stolz. Schon vor dem Oscar-Gewinn mit Die Fälscher drehte Stefan Ruzowitzky die aufwändige österreichisch-deutsch-spanische Koproduktion Hexe Lilli – Der Drache und das magische Buch. (Die Drehorte des Kinderfilms auf der Welle von Harry Potter und Bibi Blocksberg: Berlin, Potsdam und Wien. Voraussichtlicher Kinostart: 19. Februar 2009.)
Wie ist die Zusammenarbeit von Disney Österreich mit den Amerikanern? Wie weit sind Sie überhaupt autonom? Gibt’s da Spielraum?
Ferdinand Morawetz: Erstens ist die Welt ja nicht so klein, wie sie früher war. In ganz Europa gibt es Disney-Geschäftsführer, die das Lokale sehr wohl bedenken. Mein kroatischer, slowenischer oder tschechischer Kollege überlegt für jeweils sein Land die besten Starttermine. Dass man in Österreich, Deutschland und in der deutschsprachigen Schweiz unterschiedliche Starttermine hätte, wäre ziemlich blöd, weil es Sinn macht, wenn man gemeinsam das Marketing- und Publicitybudget nutzt. Wenn aber bei uns zum Beispiel Staatsfeiertag ist, dann wissen auch die Amerikaner, aus diesem Grund können und müssen wir gewisse Starts doch ein wenig anders sehen. Prinzipiell wird es aber in Zukunft, natürlich nicht nur in Österreich, sondern weltweit, immer mehr in die Richtung gemeinsamer Starttermin gehen.
Gilt das nach wie vor nur für einzelne Straßenfeger oder für alle Produktionen?
Für alle wird es nie gehen, weil sie unterschiedliche Produzenten und Geschichten haben, unterschiedliche Vorraussetzungen. Wir müssen auf gewisse lokale Dinge sehr wohl noch immer Rücksicht nehmen, was ja auch logisch ist. Insofern sind wir autonom, unsere Firma denkt anscheinend noch ein wenig anders als die anderen. Wie lange das so bleibt, weiß ich auch nicht. Momentan ist es so, dass ich versuche, österreichische Besonderheiten meinen Amerikanern zu erklären – und die verstehen das sogar. Andererseits habe ich Kollegen, die eben nicht mehr so autonom sind. Das sind nur noch Offices, die von irgendwoher geleitet werden. Das finde ich nicht gut.
Zur Zeit des Eisernen Vorhangs war Wien der letzte Außenposten. Aber heute – warum leisten sich die Majors noch Filialen in Wien? Warum nicht Berlin oder München?
Erstens glaube ich, dass die Gesetze ein wenig anders sind als in Deutschland. Zweitens ist die lokale österreichische Situation ähnlich wie in Dänemark, Holland, in der Schweiz oder in Schweden. Die Österreicher sind nicht Deutsche – und sie haben eine andere Einstellung zu gewissen Dingen. Aber das Ziel für unsere Firma muss irgendwann sein, von Wien aus die östlichen Nachbarländer zu managen – was ich zum Teil ja schon tue. Von Wien aus macht es mehr Sinn, zum Beispiel die Slowaken zu leiten, als von Berlin aus. Wobei ich meine Slowaken nicht als Anschluss sehen würde, sondern als Miteinander. Weil alle diese Länder sind eh lange genug von irgendjemanden angeschlossen worden. Ich würde es nicht gut finden, wenn da ein Obermanager ist, der die dann unterjocht und denen sagt „So habt ihr es zu machen!“, sondern die müssen schon lokal agieren. Das kann ja auch eine Stärke sein. Ein Werbe- oder Radiospot von uns selber hat sicher einen anderen Charme, als wenn der in Berlin gemacht wird, weil einfach unsere Sprache ein wenig anders ist, und unsere Ausdrucksweise. So lange die Deutschen „gucken“ sagen und wir „schauen“, glaube ich, sollte man das getrennt halten. Es kann aber durchaus sein, dass die nächste oder übernächste Generation das gar nicht mehr so sieht und wir einfach nur mehr diese Sprache haben wie alle anderen – dann macht’s ja keinen Sinn mehr. Wenn alle Europäer englisch sprechen, brauchen wir auch keinen deutschen Manager mehr, da brauchen wir einen englischsprachigen.
Haben Sie Freude mit österreichischen Synchronfassungen?
Ja, natürlich, aber es ist auch ein Kostenfaktor und es muss auch passen. Es macht ja keinen Sinn, nur einen Österreicher zu nehmen, weil er Österreicher ist. Es muss ja irgendwie einen Charme haben. Aber was ist österreichisch? Ist es wienerisch, ist es tirolerisch, salzburgerisch, kärntnerisch? Auch da gibt es ja große Unterschiede, die sehr witzig sind.
Wie war es bei „Cars“?
Da haben wir den Niki Lauda gehabt haben und den Heinz Prüller. Wobei: Niki Lauda, der ist auch in der deutschen Fassung, also in Deutschland gelaufen. Aber der Herr Prüller nicht, der Herr Prüller war zu österreichisch, und den kennt man ab Bayern anscheinend nicht, was sehr schade ist, weil ich bin ein Fan von ihm und würde mir die Formel 1 ohne ihn gar nicht anschauen. Hauptsächlich mache ich die Synchronisationen mit mit meiner deutschen Kollegin, die die Chefin dort ist und die auch Einfühlungsvermögen hat und versteht, warum ich etwas haben will. Wir machen auch unterschiedliche Kampagnen. Wir haben Meetings, wo wir sehen, was die einzelnen Länder machen und dann versuchen wir, für unser Land das Bestmögliche herauszuholen. Wenn wir dann nicht nur zehn Prozent, sondern zwanzig Prozent des deutschen Marktes haben, dann haben wir es wahrscheinlich richtig gemacht – und wenn wir unter zehn Prozent sind, haben wir es vielleicht falsch gemacht.
Und andere lokale Faktoren?
Natürlich hängt in unserer Branche vieles vom Wetter ab oder von wichtigen lokalen Geschichten. Wenn Österreich gegen Frankreich Fußball spielt, werden die Männer zu 80 Prozent nicht ins Kino gehen. Wenn sie gewinnen, ist es noch schlimmer, weil dann werden beim nächsten Spiel noch mehr zuschauen. Selbst lokale Events wie das Donauinselfest machen zum Beispiel in Wien einen Unterschied. Oder zum Beispiel die Wahlen in Österreich: Da tun wir uns schwer, auch noch was zu zeigen, weil die Leute medial so vollgestopft sind. Wir sind zwar umsatzmäßig kleine Würschtel, aber trotzdem werden wir so ernst genommen, dass das kleine Würschtel auch eine Mitsprache bei gewissen Dingen hat. Ich würde sofort aufhören, wenn wir eine Situation hätten, wo nur noch diktiert wird.
Früher haben Sie häufiger österreichische Filme im Verleih gehabt, jetzt schon länger nicht.
Ja, da bin aber nicht ich schuld, da müssen sie die Produzenten fragen. Wir würden gerne österreichische Filme verleihen. Das Problem ist, wir haben nicht die Medien, die uns unterstützen. Wir brauchen Marketing, Publicity, Unterstützung von einer gewissen Förderungsstelle. Das Schlimmste ist der ORF, aber auch andere Medien, weil sie einfach nicht erkennen, dass Film für uns wahnsinnig wichtig ist. Ich bin ja in einem Wettbewerb mit fünf oder zehn Filmen, die am selben Tag herauskommen. Wie soll ich jetzt mit zehn Kopien das zusammenbringen, was der andere mit hundert Kopien macht? Das geht gar nicht.
Ich hätte es gerne wie in der Schweiz, weil da arbeitet das lokale Fernsehen extrem mit uns mit. Wenn ich beim ORF wäre, würde ich viel ändern. Es ist wichtig, dass Österreich gegen Frankreich im Fußball gewinnt, aber es ist genauso wichtig, dass wir Hauptdarsteller haben, Oscar-Preisträger haben, Film einfach als wichtiges Kulturmedium sehen. Wir bringen zum Beispiel keine computeranimierten Filme zusammen, was so schade ist, weil das wäre eine Riesenchance, einmal etwas zu tun, wo man von der Idee oder von der Entwicklung her etwas machen kann. Die Frage ist natürlich das Finanzielle. Einen Film wie Cars kann sich Österreich nicht leisten, aber mit guten Ideen und mit gutem Willen, wenn man auch auf der Universität die Leute so weit kriegen könnte, dass die das lernen, möchte ich das nicht ausschließen. Ich glaube, die Filmemacher in Österreich haben das Image, immer Geld zu brauchen und zu jammern. Österreich könnte so wie Tschechien 30 Prozent vom Markt mit eigenen Produktionen füllen. Der erfolgreichste Film war Eine fast perfekte Scheidung, da hatten wir 180.000 Besucher, zu der Zeit, als Titanic am Markt war. Zum Vergleich: Nicht einmal Die Fälscher hat das geschafft, auch nicht der Falco-Film. Zusammen hatten die 300.000 Besucher.
Der neue Mundl, wird der das schaffen?
Den habe ich nicht gesehen, aber im Vorfeld denke ich mir schon, dass er, wenn er nicht total schlecht gemacht ist, was ich nicht glaube, eine gewisse Chance haben könnte. Wobei natürlich dieses Ost-West-Gefälle meiner Meinung nach schon berücksichtigt werden muss, weil ein Wiener, der mundlt, muss nicht unbedingt in Tirol besonders sympathisch wirken.
Hätten Sie den Film haben wollen?
Natürlich. Zu mir sind sie nicht gekommen. Ich kann mich nicht zu jedem Produzenten hinlegen und sagen „Bitte bitte, kommt’s zu mir“, weil wir verdienen ja daran nichts. Wir haben nur Arbeit daran und vielleicht sogar noch eine blöde Nachrede. Das tut man halt dann auch nicht so gerne. Die Medien machen die Stimmung, man sieht das beim Fußball: Auch wenn die Österreicher nicht so gut spielen, aber sich bemühen und die Medien das unterstützen, dann werden die auch automatisch besser. Wenn ich aber einen österreichischen Film rausbringe und jeder österreichische Journalist schreibt, „das ist eigentlich gequirlte Scheiße“, oder, was noch viel schlimmer ist, „für einen Österreicher ganz lieb“, dann haben wir natürlich ein Problem. Man vergleicht ja nicht eine Produktion mit 200 Millionen Dollar und eine Produktion mit 5 Millionen Euro Budget. Leider ist das für den so genannten Journalisten sekundär. Der schaut sich den Film an und misst den mit allen anderen. Das kann man nicht!
Kleiner Einwand: Dem Publikum ist es egal, wie ein Film entsteht. Wenn man sich einen Film anschaut und sich dabei fürchterlich langweilt, dann kümmert einen es nicht, ob das teuer oder billig war, sondern man denkt, man war umsonst im Kino. Insofern kann der Journalist zwar auf Schweiß und Blut der Produktion hinweisen, doch letztlich hat der Zuschauer nichts davon.
Das würde ich nicht sagen, weil ich glaube trotzdem, dass die Leute gar nicht erkennen, was dahinter für eine Arbeit steht. Das sehen die Leute nicht, da haben Sie schon Recht, das ist das Problem. Was die Filmjournalisten betrifft, ist Pretty Woman für mich das beste Beispiel gewesen. Da haben alle Journalisten geschrieben: „Ein furchtbar blöder Film, wie kann man überhaupt so einen Film drehen?“ Oder Dirty Dancing – alle Profis haben gesagt: „Scheiße, brauchen wir nicht.“ Und keiner wollte den Film haben, auch in Österreich. Traurig finde ich, dass sich das nicht geändert hat, es ist immer wieder dasselbe.
Wie sehen Sie den Pixar-Poker mit Disney im Rückblick?
Natürlich hat sich dadurch viel verändert. Die Zeit, als wir nicht gewusst haben, ob Pixar bei uns bleiben wird oder nicht, war sicher keine leichte Zeit. Ich kann mich ja ruhig outen: Ich bin ein totaler Pixar-Fan, ich war immer ein Pixar-Fan, bin auch Disney-Fan, aber Pixar hat zu der Zeit schon ein bisschen einen anderen Wind gebracht. Ich glaube, dass wir mit der Übernahme eine ganz andere Entwicklungsphase in Zukunft haben. Da kommen auch irrsinnig viel Junge nach, die unglaubliche Ideen haben.
Wie sehen Sie Pixar im Vergleich zu entsprechenden DreamWorks-Produktionen?
Katzenberg (Jeffrey Katzenberg, Chef der Trickfilmsparte von DreamWorks, Anm.) war ja lange genug mein Chef. In der Zwischenzeit macht er auch verdammt gute Filme, nur was ihm fehlt, ist meiner Meinung nach dieser Vertrieb und diese Seele, die bei Disney dabei ist. Er macht gute Computeranimation, weil er das nicht nur von uns gelernt hat, sondern auch Teil davon war. Es wäre eigentlich furchtbar, wenn einer von uns weg geht und dann ganz schlechte Sachen macht. Diese ganzen Probleme, die zu seinem Abschied führten, finde ich eigentlich sehr schade, weil meiner Meinung nach der Herr Katzenberg zu den Top-Menschen gehört, die Filme kreieren. Darum würde ich nie sagen: „Hoffentlich macht der recht viele Flops.“
Welche Rolle spielt denn noch die Tradition? Ist zum Beispiel geplant, dass man irgendwelche Zeichentrick-Klassiker wieder rausbringt?
Davon weiß ich momentan nichts. Worüber ich sprechen kann, ist, dass Disney einen grünen Touch bekommen hat. Die Leute kommen drauf, dass die Natur das wichtigste ist, was wir haben und dass man nicht einfach sinnlos alles kaputt machen sollte. Dabei ist natürlich die Zukunft, wie die Kinder denken, ein wahnsinnig wichtiger Punkt. Wenn man das in irgendeiner Form in einer Computeranimation oder in einem Film zeigt, ist das natürlich eine gute Sache. Da tu ich mir halt leichter, als wenn wir nur Maschinengewehre zeigen würden. Damit möchte ich aber nicht sagen, dass man solche Filme immer verteufeln soll.
Stichwort Miramax. Ist das eine Last für den Disney-Konzern?
Ganz im Gegenteil. Es war eine Last unter der vorherigen Führung, weil die Brüder Weinstein haben viel Geld ausgegeben, obwohl ich die natürlich auch bewundert habe. Daniel Battsek, der früher mein Kollege war, zum Chef von Miramax zu machen, war nicht nur ein Richtungsschnitt. Daniel trifft halt sehr leise und still, ganz anders als die Weinsteins, seine Entscheidungen. Ich glaube, Disney wird mit seinen Filmen besser fahren als mit denen der Weinstein-Brüder. Es geht ja nicht nur darum, dass man laut ist, sondern darum, ob man im Endeffekt dann nicht rote, sondern schwarze Zahlen macht. Deswegen muss die Qualität nicht leiden.
Sie meinen, dieser Spagat geht sich aus?
Ich muss ehrlich sagen, als ich erfahren habe, dass er das machen wird, habe ich mir gedacht, das wird eine harte Nuss. Aber er war sehr erfolgreich: Von denen, die ein neues Studio übernommen haben, hat er die meisten Oscars. Natürlich nicht er persönlich, sondern auch sein Team. Die Marke Miramax ist bei den sogenannten Filmemachern eine ganz wichtige Marke. Bei Miramax kommt nichts Schlechtes mehr raus. Trotzdem kann man es nicht mit Disney in einen Topf werfen – das geht auch gar nicht.
Zurück nach Österreich. Sind Sie mit der Kinosituation zufrieden?
Was soll ich darauf sagen? Ich bin mit der Situation aus zwei Gründen nicht zufrieden. Erstens sind Monopole nie gut, es ist immer schön, wenn ein Ausgleich da ist. (Gemeint ist die Vormachtstellung der Constantin-Gruppe, Anm.) Auf der anderen Seite ist die Entwicklung für die sogenannten Kinobetreiber extrem hart, weil irgendwann wird es nur mehr digitale Kinobetreiber geben und nicht digitale. Wo die Reise hinführt, weiß ich leider nicht.
Wir haben auch keinen Nachwuchs, das ist das nächste Problem. Bis auf die sogenannten Konzerne gibt es keinen Nachwuchs. Es gibt keine zwanzig- bis dreißigjährigen Kinobetreiber. Es gibt welche, die in meinem Alter oder noch älter sind, für die ein Faxgerät schon ein Monstrum ist. Die werden irgendwann, so traurig es auch ist, einfach nicht mehr wirtschaftlich arbeiten können. Es wird in vielen Ländern so sein, dass ein paar große Betreiber den Markt dominieren. Diese Nischenkinos werden sich immer schwerer tun, was ich sehr schade finde. Das wäre genauso, wie wenn es in Österreich nur mehr McDonald’s gäbe. Nichts gegen McDonald’s, aber es muss etwas anderes auch noch geben.
Wie beurteilen Sie die Filmpiraterie in Österreich? Sie sind ja immer noch Präsident des Antipiraterie-Vereins …
Das Problem ist: Je mehr Piraterie es gibt, desto mehr Arbeit gibt es, desto mehr Probleme gibt es. Ich finde, dass Zeitungen in Zukunft auch Mitglieder bei uns werden sollen, weil die leben ja auch von Inseraten, und wenn die ganze Filmbranche kein Geld mehr dafür hat und das dann streicht, wird das auch ein Problem. Absurd ist, dass gewisse Zeitungen oder Magazine davon leben, zu bewerben, wie man am schnellsten illegal downloaded. In Studentenkreisen ist es so, dass ganz offen zugeben wird, neunzig Prozent der Filme im Internet zu konsumieren, weil es ja nichts kostet. Das Schlimme bei uns ist, dass die Pirateterie ja nicht irgendwelche kleinen Leute machen, sondern das sind Vollprofis. Indem ich was downloade, finanziere ich jemanden, der sein ganz eigenes System hat. Das Schwierige ist: Welche Kampagnen soll man machen, dass einer von sich aus sagt, „Nein, da mach ich nicht mit.“
Die Kampagne, soweit wir sie verfolgt haben, setzt immer nur auf Kriminalisierung.
Da haben Sie nur Deutschland verfolgt. Wir haben in Österreich immer gesagt, wir müssen was Anderes machen, wir wollten eher auf Verständnis gehen, auf Aufklärung. Das Problem ist nur, das zu koordinieren, weil meine lieben Kollegen ja nicht bereit sind, gemeinsam eine Kampagne zu tragen. Es hat ja keinen Sinn, wenn wir als Verein eine Kampagne machen und im selben Atemzug macht Warner, Fox, Constantin, wie immer sie heißen, eine Kampagne auf ihrer Kopie. Jetzt sitze ich im Kino und zahl dafür und frag mich, was wollen die eigentlich von mir? Dreimal sagen sie mir, ich darf das nicht machen, die sind eigentlich deppert. Ich erreiche also damit genau das Gegenteil. Ich glaube, es wäre wichtiger, man zieht eine Kampagne mit allen Firmen und allen Medien durch, egal, ob die Leute dann sagen, „Mich regt das auf“, oder nicht. Eine Kampagne, die keinen aufwühlt, ist eh das Schlimmste.
Das Problem ist doch genau die Treffergenauigkeit der Aufklärungskampagnen. Das kommt einem manchmal vor wie in der Schule: Wer da war, musste sich die Standpauke für die anhören, die gefehlt haben. Man war quasi nicht der Adressat. Wenn man sich eine DVD kauft, und man hat einen unüberspringbaren Anti-Piraterie-Spot drin, fragt man sich: Wieso? Ich habe doch eh die DVD bezahlt.
Da haben Sie schon recht, nur weiß ich auch nicht, wie man es anders lösen kann. Wenn Sie eine gute Idee haben, nehme ich sie gerne auf.
Wie wär’s mit einem Inserat im ray?
Wir als Verein inserieren überhaupt nicht, weil ich gesagt habe, wenn wir das einem geben, dann müssen wir es allen anderen auch geben. Das ganze Budget des VAP geht ja größtenteils nur in Klagen, wir haben kein Geld für Marketing. Wir können nur die Frau Pyrker bezahlen, die die Pressearbeit für uns macht. Aber ich glaube, nicht einmal ein Riesenbudget, wie es die Deutschen haben, würde uns helfen, die Piraterie so einzudämmen, dass in Zukunft niemand illegal downloaden kann.