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Österreich. Ein Dossier

Vielfalt als Stärke

| Andreas Ungerböck |
Anne Laurent-Delage, die neue Geschäftsführerin von Austrian Films, im Gespräch.

Es geschieht leider auch in der Filmbranche nicht allzu oft, dass prestigeträchtige Leitungsjobs mit Fachleuten besetzt werden, die in ihrer jeweiligen Institution schon lange hervorragende Arbeit geleistet haben. Im Falle der Austrian Film Commission (in Zukunft, weniger irreführend: Austrian Films) jedoch wurde die Nachfolge des Ex-Journalisten und gewieften Festival-Strategen Martin Schweighofer, der fast 30 Jahre lang Geschäftführer der Organisation war, auf naheliegende und vernünftige Weise geregelt. Anne Laurent-Delage, gebürtige Französin mit einer großen Liebe für Wien, hat seit 26 Jahren maßgeblichen Anteil an der zum Teil spektakulären internationalen Präsenz österreichischer Filme und übernahm kürzlich die Geschäftsführung. Zusammen mit ihrem Team steht sie vor großen Herausforderungen – und die dramatischen Folgen der Covid-19-Pandemie für die Film- und Festivalbranche sind nur ein Teil davon.

Können Sie ein bisschen erzählen, wie Sie als junge Französin nach Wien und in die österreichische Filmbranche gekommen sind?
Ich habe in Nizza studiert, an einer der typisch französischen Elite-Schulen, die die französischen Führungskräfte für Verwaltung, Politik, Wirtschaft und Kultur ausbilden. Ich habe mich auf Kulturmanagement spezialisiert und parallel dazu Kunstgeschichte an der Uni studiert. Nach dem Abschluss kam ich direkt nach Wien. Mein Mann arbeitete damals in der Kulturabteilung der französischen Botschaft. Ich hatte einen dreijährigen Lehrauftrag an der WU, habe aber nur ein Jahr unterrichtet. Das war eine sehr gute Erfahrung, aber ich wollte in die Kultur. Als Kind war ich mehrmals pro Woche im Kino, weil mein Vater besonders cinephil war, und ich habe dadurch eine große Liebe zum Kino entwickelt. Die Filmbranche war daher mein Hauptziel. Ich habe mich für mehrere Stellen beworben und letztendlich auch bei der Austrian Film Commission. Martin Schweighofer hat mich engagiert. Ich fand es mutig, sich für eine Französin zu entscheiden, um den österreichischen Film im Ausland zu vertreten, und ich bin ihm dafür sehr dankbar. So begann ich im August 1995 hier zu arbeiten.

Sie konnten also offenbar schon Deutsch.
Ja, Deutsch war meine erste Fremdsprache in der Schule, und ich hatte auch Familie in Deutschland, die ich öfters besuchte.

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Ging es in der AFC von Anfang an um Festivalarbeit?
Ja, wenn auch nicht so intensiv wie später. Ich begann, mein Netzwerk aufzubauen. In Frankreich hatte ich im letzten Jahr meines Studiums kurz für UGC, den französischen Major, gearbeitet. Sie hatten die Rechte von Basic Instinct, der in diesem Jahr das Cannes Film Festival eröffnete. Ich war zum ersten Mal beruflich beim Festival und hatte daher noch sehr wenige Kontakte. Das kam alles erst mit der Zeit. Ich hatte damals auch gar nicht geplant, länger in Wien zu bleiben, aber ich verliebte mich in die Stadt und in diese Arbeit. Es ist ein Privileg, finde ich, über die Grenzen hinaus mit Leuten zu arbeiten, für die Film eine Leidenschaft ist.

Wie sehr hat Ihr französischer Background in Österreich eine Rolle gespielt?
Ich glaube, genau der Umstand, nicht aus Österreich, sondern von außen zu kommen, und eine wirtschaftliche Perspektive einzubringen, hat mir sehr geholfen. Den Abstand zur Branche zu haben, nicht schon Teil einer Clique zu sein – was ich auch nie wollte – das war sehr gut.

Damals hatte der österreichische Film international noch nicht so einen guten Ruf wie später. Stimmt das?
Obwohl ich, wie gesagt, in Frankreich wirklich viel im Kino war, war der österreichische Film zumindest für mich kein Begriff. Als ich nach Wien kam, begann ich mich natürlich dafür zu interessieren. Am Anfang sah ich eher Kabarett-Filme, wie den Kultfilm Indien oder die Filme von Harald Sicheritz … Die AFC war damals bereits im Filmhaus, aber ein Stockwerk tiefer, in einem etwas größeren Büro, weil wir damals noch die Diagonale organisierten. Es war eine gute Gelegenheit, österreichische Filme zu sehen. Nicht alles hat mir gefallen, aber die ersten Kurzfilme von Jessica Hausner, Barbara Albert, Mirjam Unger, Antonin Svoboda … da hat man gemerkt: Okay, jetzt passiert etwas Neues. Der österreichische Film begann dann tatsächlich allmählich internationale Resonanz zu bekommen. Tierische Liebe von Ulrich Seidl war in Amsterdam, Ich gelobe von Wolfgang Murnberger in Rotterdam. Das waren die ersten Filme, die ich begleiten durfte. 71 Fragmente ... von Michael Haneke hatte das Jahr davor seine Weltpremiere bei der „Quinzaine“ in Cannes gefeiert. Das war eine Zeit des Aufbruchs. Der Wendepunkt war sicher das Jahr 1997: Funny Games im Wettbewerb in Cannes, Ruth Beckermanns Jenseits des Krieges in Berlin, Das Jahr nach Dayton von Nikolaus Geyrhalter lief sowohl in Venedig als auch in Berlin, was heute unmöglich wäre.

In Rotterdam lief 1998 dann auch Stefan Ruzowitzkys Film Die Siebtelbauern
Genau, und davor sein Debütfilm Tempo und Michael Glawoggers Die Ameisenstraße in Saarbrücken. Und wie gesagt, eine neue Generation mit ihren Erstlingsfilmen, darunter viele Frauen. Diese Filme haben mich total angesprochen und auch cineastisch und inhaltlich herausgefordert. 1999 kam mit Nordrand der Durchbruch. Es war der erste Film einer österreichischen Filmemacherin im Wettbewerb von Venedig. Das war entscheidend. Nina Proll erhielt den Nachwuchspreis. Ich habe den Film gerade bei der sehr guten Reihe des Filmarchivs „Neuanfänge – Spielfilmdebüts österreichischer Regisseurinnen“, wieder gesehen. Es war sehr berührend. Dann lief Lovely Rita von Jessica Hausner in Cannes, ebenso Ruth Maders Struggle und La Pivellina von Covi/Frimmel, und eine ganze Reihe anderer Filmemacherinnen und Filmemacher erregten international Aufsehen. Ich hatte und habe die Freude und die Ehre, diese Filmschaffenden bis heute zu begleiten. Jetzt sind sie die Arrivierten, und schon gibt es wieder eine ganz neue Generation.

Apropos Michael Haneke: Wie kam es, dass seine weiblichen Hauptfiguren des öfteren „Anne Laurent“ heißen?
Das muss man ihn fragen. Es begann mit seinem ersten „französischen“ Film Code inconnu. Ich war damals halt die junge Französin, die für die Branche gearbeitet hat. Soweit ich weiß, hat er ein paar andere Bekannte auch in seinen Filmen „verewigt“, aber mein Name war für ihn wohl ein typisch französischer Name.

Aber es hat Sie nie gestört?
Es war seltsam. Beim ersten Film rief mich ein Freund an, der in der Auswahlkommission in Cannes saß, und fragte mich, was es damit auf sich hätte, dass Juliette Binoche „Anne Laurent“ heißt und danach, als der Film draußen war, haben mich alle hier in Österreich darauf angesprochen – viele mit einem Ton voller „sous-entendus“. Heute, in meinem Alter, würde ich das lockerer nehmen.   

Nun weiß man ja, dass es massive „Politik“, um nicht zu sagen: einen Kuhhandel gibt, was Festivalnominierungen, Festivalplatzierungen usw. betrifft. Wie sehr hat der Erfolg des österreichischen Films auch damit zu tun?
Zu allererst kommt der Erfolg ja von den Filmen, das ist ganz klar. Das Hauptverdienst geht an die Filmteams, die Produktionsteams und auch an die Förderer. Unsere Arbeit besteht darin, den kleinen Unterschied am Ende zu machen. Man muss die Aufmerksamkeit auf die Filme lenken, man muss sie gut präsentieren, man muss optimale Bedingungen für die Sichtung von Filmen bieten. Es geht darum, dass die Festivals, die Weltvertriebe, die Verleiher, wenn sie die Wahl zwischen zwei gleich guten Filmen haben, den österreichischen nehmen. Da können wir den Unterschied machen, und das ist entscheidend, wenn man sieht, wie viele Filme es gibt. Da punkten wir – durch unser Netzwerk, durch unsere Beziehungen, aber auch durch harte Arbeit des ganzen Teams.

Ihre Arbeit geht aber eigentlich über das hinaus, was man Festivalbetreuung nennt.
Ja, dieses sehr pragmatische Modell ist fast einzigartig. Das gibt es, glaube ich, sonst nur in Dänemark, dass wir, wenn ein Film fertig ist, gemeinsam mit der Produktion und mit der Regie, eine internationale Verwertungsstrategie entwickeln, mit einem Plan A, aber auch mit einem Plan B. Wir helfen bei der Suche nach einem Weltvertrieb, wenn es noch keinen gibt und wenn das gewünscht ist, und übernehmen auch das ganze Festivalbooking inklusive Verhandlung von Screening-Gebühren. Wir verschicken Links, Material, wir leisten PR-Arbeit. Alles geschieht immer in Absprache mit den Rechte-Inhabern. Das ist ein sehr umfassender Service. Das geht natürlich nur, weil es eine begrenzte Anzahl an Filmen gibt. Unsere Partnerorganisationen in Deutschland und Frankreich sind aufgrund der Menge der produzierten Filme logischerweise nicht in der Lage, diesen Service anzubieten.

Läuft das eigentlich noch so ab, dass die Festivalverantwortlichen nach Wien kommen, um die Filme in einem Kino zu sehen?
Ja, natürlich. Während der Pandemie gab es virtuelle Screening Rooms. Es ging leider nicht anders. Aber es ist natürlich ganz etwas Anderes, wenn jemand nach Wien kommt. Man kann sich viel besser austauschen, über die Filme reden, man hat Zeit, man geht essen, ins Museum, wenn erwünscht … Es ist sehr wichtig, diese Atmosphäre zu schaffen. Das hat natürlich sehr gefehlt. Ich glaube bzw. ich weiß, dass die Festivals, aber auch die Weltvertriebe, unseren Service sehr schätzen. Wir arbeiten mit mehr als 900 Festivals jährlich – welche Produktionsfirma könnte das bewältigen?

Dafür ist Ihr Team aber recht klein, soweit ich weiß.
Wir sind sieben Personen, davon drei in Vollzeit. Das Team ist klein, aber sehr gut. Mit der Digitalisierung sparen wir Zeit und wir werden hoffentlich noch mehr sparen. Wenn man denkt, wie viel Aufwand es gekostet hat, eine 35mm-Kopie von einem Festival zum anderen zu schicken, oder Faxe überall hinzuschicken – das ist natürlich kein Vergleich. Im Gegenzug ist dank der höheren Produktivität die Zahl der Teilnahmen gestiegen, sodass die meisten Teammitglieder nach wie vor stark belastet sind.

Wie sieht es eigentlich aus mit Verkäufen österreichischer Filme ins Ausland? Davon hört man relativ wenig.
Es wird für unsere Filme immer schwieriger werden. Als ich angefangen habe, gab es fast keinen Film mit einem Weltvertrieb. Eine Zeit lang war die Situation sehr befriedigend, und jetzt wird es wieder komplizierter, weil mehr Filme produziert werden, die Kinolandschaft und der Markt sich stark verändert haben. Die Weltvertriebe sind daher wählerischer und weniger risikofreudig geworden. Es ist für Arthouse-Filme nicht einfach geworden, internationale Verleiher zu finden.

… und oft nicht einmal einen Verleih in Österreich.
Richtig. Und wir vertreten nur Filme, die einen österreichischen Verleiher und einen Kinostart haben. Da gibt es natürlich Ausnahmeregelungen für Filme, die durch eine gute Festivalplatzierung ihr internationales Potenzial gezeigt haben. International wäre es extrem wichtig, so wie in den meisten europäischen Ländern, durch eine finanzielle Unterstützung Verleiher zu motivieren, österreichische Filme zu nehmen.

Exportförderung sozusagen …
Ja, das gibt es bei uns nicht. Das ist ein klarer Nachteil, denn das wird in anderen Ländern immer mehr Usus. Da wäre es wichtig, dass sich etwas bewegt. Die Mittel können schwer aus dem Herstellungs-Fördertopf kommen, aber vielleicht vom
Außen- oder Wirtschaftsministerium. Es könnte wirklich einen Unterschied machen. Im Moment sind unsere Nachbarländer im Vorteil.

Wie sieht es mit heimischen Filmen auf den internationalen Plattformen aus?
Das ist ein großes und komplexes Thema. Zunächst einmal sollte man erwähnen, dass wir eine Einrichtung sind, die hauptsächlich von Institutionen finanziert wird, deren Auftrag in erster Linie kultureller Natur ist. Es geht vorrangig darum, die internationale Verwertung zu unterstützen, den Ruf des österreichischen Kinofilms auf der internationalen Bühne langfristig zu etablieren, ihm mehr Sichtbarkeit zu verleihen.
Wir setzen also auf langfristige Strategien. Die meisten RegisseurInnen brauchen Zeit, bis sie anerkannt werden, bis sie einen ersten kommerziellen Erfolg haben. Das beste Beispiel ist Michael Haneke. Seine ersten Filme waren Misserfolge an den Kinokassen. Die internationale Anerkennung, die er im Laufe der Zeit dank seiner Präsenz auf Festivals und der Anerkennung durch die Presse erlangt hat, ermöglichte ihm, den Film Amour zu machen. Andere Regisseurinnen und Regisseure werden nie große kommerzielle Erfolge haben, weil das nicht die Essenz ihrer Arbeit ist. Wir helfen Ihnen aber, über Festivalteilnahmen ein breiteres internationales Publikum zu erreichen.

Die Verwertung eines Films über eine VoD-Plattform ist eher eine kurzfristige und kommerzielle Strategie. Streamingdienste bieten zunehmend „Content“, den sie selber produzieren. Sie kaufen auch für das Kino produzierte Filme, aber es gibt in Österreich noch selten Schnittpunkte. Es ist also hier wieder eine Frage der Abwägung der Vor- und Nachteile, für den Film, für die Regie und für die Rechteinhaber. Man muss genau überlegen, ob es Sinn macht, auf Festivalteilnahmen und Kinoverwertung zu verzichten. Ein Film, der auf einer VoD-Plattform nicht schnell eine große Anzahl an „Views“ generiert, wird nach einer sehr kurzen Zeit archiviert, und es wird fast unmöglich, ihn zu finden.

Es gibt aber auch Plattformen, die eine ganz andere Strategie verfolgen und keine Exklusivität verlangen. Mubi zum Beispiel setzt auf Kinostarts, vor allem in den englischsprachigen Territorien, und auf die Unterstützung von Festivals als Startrampe für den Film, bevor sie ihn auf der Plattform veröffentlichen. Sie waren dieses Jahr in Cannes sehr aktiv und haben erfreulicherweise die Rechte des preisgekrönten Film Große Freiheit von Sebastian Meise erworben.

Die Pandemie und die Marktentwicklung haben eines gezeigt – wir müssen noch individueller für jeden Film arbeiten und die Strategie noch genauer anpassen als vorher. Deswegen ist es gut und wichtig, dass wir nicht allzu viele Filme vertreten. Mehr als 60 Filme pro Festivaljahr, das geht nicht. Und die meiste Arbeit machen ja nicht die Filme, die ohnehin stark gefragt sind, die muss man nicht erst pushen.

Wie steht es mit österreichischen Komödien? Sind die im Ausland überhaupt verwertbar?
Schwierig. Wir schauen natürlich, wo es Festivals gibt, die sie spielen. Die Ergebnisse sind aber eher überschaubar.

Die Pandemie hat viele Online-Festivals mit sich gebracht. Wie sehen Ihre Erfahrungen damit aus?
Ich glaube, dass ich mit der mittlerweile langen Erfahrung eher gut einschätzen kann, welches Potenzial ein Film hat, um einen sinnvollen Plan mit den Rechteinhabern zu entwickeln. Aber das war wirklich eine große Veränderung. Es stellte uns vor die neue Herausforderung, einzuschätzen, ob man lieber eine Online-Premiere annimmt oder stattdessen wartet, bis es wieder Live-Kino gibt, weil der Film die große Leinwand, das Kinoerlebnis, den Austausch, das Publikum, die Presse vor Ort braucht? Für Covi/Frimmels Aufzeichnungen aus der Unterwelt, der noch kurz vor der Pandemie bei der Berlinale Premiere hatte, war die Verwertung bei den Online-Festivals schwierig. Für manche Filme wie etwa Davos war Online genau das Richtige, wohl auch wegen des Themas. Und es gab natürlich Filme, wo wir ganz klar empfohlen haben: Warten! Aber die Pandemie dauert viel länger, als wir alle gedacht haben. Es ist definitiv keine gute Zeit.

Wie sehen Sie die „Rückkehr des Kinos“?
Ich bin ein sehr optimistischer und positiver Mensch und glaube, dass die Menschen wieder ins Kino gehen werden, auch wenn die Zahlen in Europa gerade katastrophal sind. Sogar die amerikanischen Majors kehren zu exklusiven und strengen Kinofenstern zurück, selbst solche wie Disney, die vor kurzen noch ihre neuen Filme direkt auf ihrer Streaming-Plattform ohne Kinostart angeboten haben. Die letzten Zahlen in Nordamerika sind ermutigend. Ich glaube nicht, dass sich die Menschen langfristig vor dem Fernseher mit noch so viel Streaming-Angebot zufriedengeben werden. Das gemeinsame soziale Erlebnis ist nicht zu ersetzen.

Sie haben vorhin „Austrian Films“ und nicht „Austrian Film Commission“ gesagt. Ist das der neue Name?
Austrian Film Commission ist der Name des Vereins. Inzwischen versteht man aber unter einer „Commission“ eine Location-Agentur, und daher gibt es immer wieder Verwechslungen. In Deutschland heißt unsere Partner-Organisation German Films, in der Schweiz Swiss Films. Wir legen daher den Fokus auf den ersten Teil des Namens, Austrian Films.

Worin sehen Sie denn die größten Herausforderungen von Austrian Films in der Zukunft?
Ein wichtiger Schwerpunkt ist die Digitalisierung, das müssen wir vorantreiben, das hat die Pandemie ganz klar gezeigt. Wir haben ja die All You Can Watch-Plattform lanciert, ein wichtiger Schritt, um voranzukommen. Wir haben unser gewohntes Prinzip B2B, das unser weltweites Networking mit unseren internationalen Festival- und Vertriebspartnern bestimmt, erweitert. Erstmals richten wir uns direkt an die Endverbraucher – das Publikum – und schaffen damit ein Service, das der gesamten Verwertungskette und somit auch unseren ständigen nationalen wie internationalen Partnern zugutekommt.

Und natürlich sind Nachhaltigkeit und Diversität große Themen, die wir angehen wollen, und auch müssen – aus Überzeugung, aber auch, weil es tatsächlich so ist, dass international immer mehr Diversität angefragt wird. Es gibt inzwischen Festivals, die zum Beispiel verlangen, dass, wenn drei Filme angeboten werden, mindestens einer von einer Frau ist. Da muss die ganze Branche daran arbeiten, und da geht es nicht nur um Gender allein, sondern um Diversität grundsätzlich. Darauf muss man in unserer Arbeit permanent achten. Bei der PR, bei den Interviews. Die alten Schemata sind obsolet.

Was schwebt Ihnen in Sachen Nachhaltigkeit vor?
Was mir sofort einfällt, sind Reisen. Es kann nicht so viel gereist werden wie früher, und es ist auch gar nicht notwendig. Und wenn gereist wird, dann muss das nachweislich etwas für die Filme, für ein gezieltes Networking bringen. Wir werden mehr mit dem Zug fahren. Aber mir geht es nicht um Fundamentalismus, sondern man muss einfach ein Gleichgewicht finden. Wenn es absolut notwendig ist und nicht anders machbar, dann fliegt man. Was wir ändern können, werden wir tun, auch wenn es kleine Schritte sind. Das reicht bis zu den Kaffeekapseln im Büro, also Energie und Abfall sparende Maßnahmen. Meistens werden dadurch auch Betriebskosten gesenkt. Das gesamte Team ist bereit, auf dieses Ziel hinzuarbeiten. Wir werden auch weiterhin alle uns zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um den Zuschauern ein möglichst vielfältiges Filmangebot zu bieten. Diese Vielfalt ist eine große Stärke des österreichischen Kinos. Wir alle müssen uns dafür einsetzen, dass sie weiterbesteht.

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