Wunder gibt es immer wieder
Die Figur der von Texter William Moulston Marston und Zeichner Harry G. Peter entworfenen Amazonenprinzessin Wonder Woman brachte in den vierziger Jahren frischen Wind in die Welt der Comics und sollte die bis dahin männlich dominierten Superheldenhefte auch für junge Frauen attraktiver machen. In den siebziger Jahren bekam Wonder Woman eine Real-TV-Serie, war neben Batman und Superman fest als dritte DC-Größe etabliert und wurde von nicht wenigen auch als popkulturelles Symbol des Feminismus gesehen. Nun tritt die Heldin also in ihrem ersten eigenen Blockbuster auf – und der Film ist nach erzählerischen Autounfällen wie Batman v Superman oder Suicide Squad endlich der erste gute Beitrag zum neu aufgestellten DC-Comicuniversum geworden.
Regisseurin Patty Jenkins fokussiert zunächst bildgewaltig auf die Kindheit der Amazone Diana, die auf der ausschließlich von kampftüchtigen Frauen bewohnten Insel Themyscira aufwächst – ein Refugium, das Zeus nach der Schlacht gegen Kriegsgott Ares für die Frauen geschaffen hatte. Nachdem sie sich gegen den Willen der Mutter als Kriegerin perfektioniert hat, rettet sie, man schreibt 1918, den amerikanischen, für die Briten arbeitenden Spion Steve Trevor (Chris Pine), der mit seinem Flugzeug ins Meer stürzt. Im Gepäck hat Trevor ein erbeutetes Notizbuch mit Giftgasformeln, die den Deutschen den Sieg bringen könnten. Diana (als Erwachsene von Gal Gadot verkörpert) sieht hier den Kriegsgott Ares am Werk, der die Völker gegeneinander aufhetzt. Gemeinsam mit dem Spion und einem bunten Haufen Soldaten macht sie sich auf, um Ares zu stellen und den Krieg zu beenden.
Was die im Grunde simple Geschichte zum Funktionieren bringt, ist zunächst die Art des Erzählens: Während Allan Heinbergs Drehbuch eine gute Balance zwischen humorvollen, romantischen und tragischen Momenten schafft, nimmt Regisseurin Jenkins ihre Figuren ernst und opfert über weite Strecken die Story nicht bloß selbstzweckhaftem Spektakel. Und obwohl es allerlei spekakuläre Actioneinlagen gibt, wird der Krieg nie ganz zum reinen Abenteuerspielplatz – immer wieder werden Opfer und tragische Ereignisse ins Bild gerückt. Das Wichtigste ist aber wohl die sehr gute Chemie zwischen Gadot und Pine, die ihre Figuren gekonnt zum Leben erwecken und in den witzigen Momenten ebenso überzeugen wie in den romantischen. Wonder Woman selbst erscheint trotz Seitenhieben auf die Stellung der Frau zu jener Zeit (Kleider sind einengend, Sekretärinnen werden mit Sklavinnen gleichgesetzt) auch nicht vordergründig als feministisches Symbol – es ist vor allem der ungläubige Blick der gottgleichen Figur auf die absurden bis grausamen Verhaltensweisen der Menschen, die den Film gekonnt akzentuieren. Für Fans der Figur gibt es auch jede Menge Details aus den Comics, darunter etwa das Lasso der Wahrheit. Der letzte Akt lässt mit einem relativ konventionellen Schlusskampf und den üblichen Monologen des Bösewichts zwar ein wenig nach, doch schmälert dies das Vergnügen an dem Hybrid aus Comicverfilmung, Abenteuerfilm und Lovestory insgesamt nur geringfügig. Gute Unterhaltung.